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Millionenspende für die Labour-Party: J. K. Rowling.
Bekannte britische Autoren wie Ian McEwan, Zadie Smith und Sebastian Faulks haben kürzlich neue Romane vorgelegt, vergangene Woche folgte Salman Rushdie mit seiner Autobiografie. Das unumstrittene literarische Topereignis 2012 folgt diesen Donnerstag: Dann landet der erste Erwachsenenroman der Harry-Potter-Autorin Joanne ("J. K.") Rowling in den Buchhandlungen, auf Deutsch erscheint A casual vacancy als Ein plötzlicher Todesfall.
In Vorabinterviews gibt sich die Autorin gelassen: "Und wenn alle Kritiker das Buch furchtbar finden - damit kann ich leben." Tatsächlich wird es der im schottischen Edinburgh lebenden gebürtigen Engländerin auch bei einem schweren Misserfolg an nichts mangeln: Rowling (47) gehört nach Angaben der Sunday Times zu den 150 reichsten Bewohnern der Insel; ihr Vermögen wird auf umgerechnet 701 Mio. Euro taxiert. Arbeit hat sie also bis auf weiteres nicht nötig.
"Jedermann weiß, dass ich die Rechnungen bezahlen kann", hat die Besitzerin mehrerer Millionenanwesen dem Guardian anvertraut. "Ich wollte dieses Buch schreiben, ich mag es sehr und bin stolz darauf." Ihrem neuen Verlag Little, Brown (in Deutschland: Carlsen) war das Werk laut Brancheninsidern einen Vorschuss von 3,75 Mio. Euro wert. Die Mutter dreier Kinder zwischen 19 und sieben Jahren hat für Ein plötzlicher Todesfall ihre eigene Jugend verarbeitet. Das Buch spielt in einer scheinbar idyllischen Kleinstadt in Englands Westen, wo eine Sozialsiedlung der etablierten Bürgerschicht zunehmend ein Dorn im Auge ist. Rowling - 2008 erfreute sie die damals regierende Labour-Party mit einer Millionenspende - schreibt mit schwarzem Humor gegen die ihrer Meinung nach undifferenzierte Haltung gegenüber sozial Schwachen an.
In der öffentlichen Diskussion werde "über Arme gesprochen wie über einen homogenen Brei, wie Porridge". Dabei seien Lebenserfahrungen, Erwartungen und Wünsche sehr individuell. Sie jedenfalls werde, sagt die Autorin, "das Gefühl nie vergessen, wie es ist, in einer Wohnung zu leben, in der die Mäuse herumlaufen, und sich scheel anschauen zu lassen, weil man von der Sozialhilfe lebt."
Das war Rowlings Schicksal, als sie zu Beginn der Neunzigerjahre mit ihrer ersten Tochter mittellos aus Portugal zurückkehrte. In Cafés schrieb sie am ersten Roman über den Zauberlehrling Harry Potter. Umgerechnet 3.130 Euro zahlte das Verlagshaus Bloomsbury 1996 der damals noch völlig unbekannten Autorin fürs erste Manuskript - beide Parteien haben den Deal nicht bereut. Mehr als 450 Millionen Bücher der siebenteiligen Fantasy-Serie wurden verkauft, Harry Potter kann man in 67 Sprachen lesen, auch die acht Filme waren ein Milliardengeschäft.
Allerdings sei ihr der Aufstieg zum Weltstar und zur Multimillionärin extrem schwer gefallen, berichtet Rowling: "Ich kannte absolut niemanden, der jemals in der Öffentlichkeit gestanden war." Inzwischen hat sie sich mit ihrem Reichtum arrangiert und nicht nur der Labour-Party reichlich davon abgegeben. Unter anderem spendete die Autorin 12,5 Mio. Euro an ein Edinburgher Krankenhaus. Dessen Neurologieabteilung trägt seither den Namen von Rowlings Mutter Anne, die früh an multipler Sklerose starb.
Für die zahlreichen britischen Multimillionäre, die als Steuerflüchtlinge in Monaco oder auf den Kanalinseln registriert sind, hat Rowling kein Verständnis: "Man trifft eine fundamentale Entscheidung, ob man sein Leben vom Geld regieren lässt oder umgekehrt." (Sebastian Borger aus London, DER STANDARD, 25.9.2012)