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Im Alter von 91 Jahren konnte Frank Lloyd auf das Jugendwerk einer Wright-Kleinstadt zurückblicken.

Foto: Marvin Koner/Corbis

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In Oka Park schuf er vor allem Wohnhäuser...

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... sein eigenes inklusive.

Foto: Tim Long/AP

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Anreise & Info Von Wien nach Chicago z.B. mit Austrian (aua.com). Nach Oak Park mit der Metro oder mit dem Zug.

Sehr empfehlenswert: der Unity Temple (875 West Lake Street). Infos: Frank Lloyd Wright Preservation Trust

gowright.org
visitoakpark.com

Foto: derStandard

Die Forest Avenue in Oak Park ist eine Art Wisteria Lane, nur viel schöner und hundert Jahre älter als die TV-Kulisse. Eine Villa reiht sich an die andere, der Rasen ist eigentümergemeinschaftskonform auf die richtige Länge gestutzt, und die Bäume stehen zu dieser Jahreszeit noch tief in ihrem grünen Saft. Allerdings gibt es in Oak Park, rund 20 Kilometer westlich von Chicago, weder Desperate Housewives, noch intrigierende Ehemänner. Dafür aber jede Menge Häuser des wohl berühmtesten amerikanischen Architekten aller Zeiten: Frank Lloyd Wright. Und nicht zu vergessen das Geburts- und Jugendhaus von Ernest Hemingway.

"Chicago an sich ist ja schon eine Stadt, die reich an Architekturgeschichte ist", meint Sherry Abdullah. "Aber Oak Park gibt sich noch einen Tick raffinierter: Dörflicher, intimer, und man kann hier leicht in die Vergangenheit eintauchen." Abdullah arbeitet in einem Geschenk-Shop im Stadtzentrum. Es riecht nach Lavendel und Kosmetika - alles garantiert one hundred percent organic. "Ich bin hier aufgewachsen, danach habe ich zehn Jahre in Ägypten gelebt, aber irgendwie haben mich Ernie und Frankie nie ganz losgelassen. Ich finde die Atmosphäre in Oak Park einfach unwiderstehlich."

Jedes Jahr kommen weit über 100.000 Touristen nach Oak Park, um sich - ausgestattet mit Stadtplan, Reiseführer und Audio-Guide - auf die Spuren des jungen Wright zu machen, der hier nach dem Studium in seinen Zwanzigern und Dreißigern wirkte. Es sind Architektur- und Literatur-Aficionados aus aller Welt, aber auch ganz gewöhnliche Chicago-Besucher, die nicht davor zurückscheuen, eine Dreiviertelstunde mit der dramatisch ratternden Metro ins Landesinnere von Illinois vorzudringen.

Renovieren mit Samthandschuhen

Insgesamt gibt es in Oak Park und im angrenzenden Städtchen River Forest 33 Bauwerke, die Frank Lloyd Wright während seiner Oak-Park-Jahre entwarf. Es ist die weltweit größte Dichte seiner Gebäude. Weitere acht Wohnhäuser sind entweder nicht eindeutig seiner Handschrift zuzuordnen, zerstört oder bis zur Unkenntlichkeit umgebaut. "Natürlich wurde in der Vergangenheit vieles kaputtgemacht", sagt Abdullah. "Aber diese Zeiten sind vorbei. Die Leute schätzen ihre Häuser, und die Architektur wird heute mit Samthandschuhen angegriffen."

Bei den meisten Bauten handelt es sich um ganzjährig bewohnte Privathäuser, die mit größtem Respekt von einer Generation an die nächste weitergegeben werden. Es gibt keinen Zaun und keine Videokamera, aber der Menschenverstand rät einem, auf der Forest Avenue tunlichst auf dem Gehsteig zu bleiben. Nur eine Handvoll Bauwerke ist öffentlich zugänglich. Dazu gehören der Scoville Park Fountain, der Unity Temple sowie das Studio und Privathaus des Architekten.

Das dunkle Backsteinhaus aus dem Jahr 1889 ist ein Versuchslabor, in dem sich Wright ausgetobt und seine Vorstellung von Architektur auf die Spitze getrieben hat. Viel Holz, viel Stein, würfelförmige Lampen, buntes Glas, hohe Sessellehnen, verschnörkelte Wandvertäfelungen, und über allem liegt der Schleier von Wrights Geometrisierungswahn.

"Als wir das Haus 1974 gekauft haben, war es in einem katastrophalen Zustand", erinnert sich Celeste Adams. Sie ist Präsidentin des Frank Lloyd Wright Preservation Trust, der sich um den Erhalt von Wrights Bauten in und um Chicago kümmert. "Das ganze Gebäude war zerstückelt in Mietapartments. Doch zum Glück haben Wrights Enkelkinder noch gelebt. Sie sind uns bei der Sanierung und Rekonstruktion zur Seite gestanden."

Hausbesuch bei den Wrights

Wie die meisten Wright-Häuser in Oak Park steht auch sein Wohn- und Atelierhaus unter Denkmalschutz. Die Auflagen für die Eigentümer sind streng. "Die Einstufung als Unesco-Weltkulturerbe wäre zwar sehr schön, aber wir sind darauf nicht angewiesen", sagt Adams. Dem Ansturm tut dies jedenfalls keinen Abbruch.

Einmal im Jahr werden die Privathäuser für Besucher geöffnet. Einen Tag lang spielen die Bewohner und Eigentümer dann Gastgeber und stehen bereit für Frage und Antwort. Der nächste so genannte "Wright Plus Day" ist am 18. Mai 2013. Der Ticketverkauf startet nach Auskunft von "Visit Oak Park" noch dieses Jahr. Meist sind die 3000 Tickets innerhalb weniger Tage restlos ausverkauft. (Wojciech Czaja, DER STANDARD/RONDO, 28.9.2012)