Bild nicht mehr verfügbar.

In der Topografie des Nationalsozialismus hat Braunau aufgrund des Geburtshauses von Adolf Hitler einen festen Platz.

Foto: APA/MANFRED FESL

Linz - Das Geburtshaus Adolf Hitlers in Braunau soll keine Gedenkstätte werden. Dies tat Johannes Waidbacher, Bürgermeister der Stadt am Inn, vergangene Woche gegenüber dem STANDARD unmissverständlich kund. Man müsse sich "allgemein die Frage stellen, ob eine weitere Holocaust-Gedenkstätte einen Sinn ergibt, wenn es im Umkreis doch schon viele gibt". Die Aufregung war, vor allem auch international, groß - doch jetzt erhält das ÖVP-Stadtoberhaupt Rückendeckung von oberster Bezirksstelle.

Kein Grund für Gedenkstätte

Georg Wojak, Bezirkshauptmann von Braunau, sieht ebenfalls keine Notwendigkeit, das heute leerstehende Haus, in dem Adolf Hitler am 20. April 1889 das Licht der Welt erblickte, in eine Holocaust-Gedenkstätte umzuwandeln: "Man muss die Kirche im Dorf lassen. Hitler hat hier maximal seine Windeln gefüllt und sicher nicht die Schlachtfelder mit Toten. Und Hitler hat, und das sollte nicht vergessen werden, beim Einmarsch und bei der Besetzung Österreichs am 12. März 1938 sein Geburtshaus völlig ignoriert und nicht angeschaut und schon gar nicht besucht." Es gebe daher "keinen wirklichen Grund", eine entsprechende Gedenkstätte zu errichten.

Aufarbeitungsstopp

Wojak wehrt sich aber gegen den Vorwurf, sich nicht den dunklen Kapiteln der Vergangenheit stellen zu wollen: "Ganz im Gegenteil: Wir haben uns in unserem Friedensbezirk Braunau immer der geschichtlichen Verantwortung gestellt. Auch vor dem Geburtshaus Hitlers steht ein Mahnstein wider den Faschismus mit einem klaren Ja zu Demokratie, Rechtsstaat und Toleranz."

Darüber hinaus habe die Republik und "ganz speziell das Innenministerium" immer sehr viel an Aufarbeitung geleistet. Wojak: "Es gibt genügend Orte in Österreich, an denen die NS-Zeit historisch beleuchtet wird. Etwa die Gedenkstätte im ehemaligen Konzentrationslager Mauthausen."

Frage der Nutzung

Bleibt dennoch die Frage der Nutzung des historisch belasteten Hauses mit der Adresse Salzburger Vorstadt 15. Bürgermeister Waidbacher merkte vergangene Woche an, er hätte mit einer herkömmlichen Nutzung des Hitler-Hauses kein Problem: "Wohnungen wären an dem Standort mit Sicherheit leichter umzusetzen."

Wojak selbst will sich die Nutzungsfrage gleich gar nicht stellen: "Das Haus ist im Privatbesitz, und das soll es auch künftig bleiben." Womit sich der Bezirkshauptmann klar gegen die Linie des Ministeriums und der Stadt stellt. Beide sind nämlich seit den 70er-Jahren Mieter des Hauses und seitdem bemüht, die Immobilie zu kaufen. Was aber bisher am Unwillen der Eigentümerin gescheitert ist. Angst, dass das Gebäude ohne staatliche Aufsicht möglicherweise zur Pilgerstätte für Ewiggestrige verkommt, hat Wojak nicht: "123 Jahre nach seiner Geburt und knapp 75 Jahre nach der Besetzung haben wir ein Verbotsgesetz. Bei uns wird jede Übertretung des Verbotsgesetzes rigoros angezeigt. Es gibt bei diesem Thema null Toleranz." (Markus Rohrhofer, DER STANDARD, 29./30.9.2012)