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Wien - Die Wirtschaftskrise macht sich in Österreich weiterhin auf dem Arbeitsmarkt bemerkbar. Die Arbeitslosenzahl stieg im September auf 229.025 Personen. Das waren 10.818 Menschen oder fünf Prozent mehr als vor einem Jahr, teilte das Sozialministerium am Montag mit. Außerdem befanden sich 65.897 Personen in Schulungen. Das ist ein Anstieg von 6,4 Prozent beziehungsweise 3.977 Personen. Somit waren im September 294.922 Menschen ohne Job.
Die Arbeitslosenquote betrug nach Eurostat-Rechnung 4,5 Prozent, das ist weiterhin die niedrigste Rate in der EU. Die Arbeitslosenrate in der Eurozone hat im August ein neues Rekordniveau erreicht. Sie betrug nach Schätzung des EU-Statistikamtes Eurostat 11,4 Prozent. (Hier geht es zu den Details)
Ältere haben es besonders schwer
Schwer am Arbeitsmarkt haben es ältere Personen. Die Arbeitslosigkeit der über 50-Jährigen legte um 9,4 Prozent zu. Dafür gab es bei den Jungen (unter 25 Jahre) nur einen Anstieg von 2,4 Prozent. Österreich hat laut Eurostat mit 9,7 Prozent die drittniedrigste Jugendarbeitslosenquote der EU, am besten stehen hier Deutschland (8,0 Prozent) und die Niederlande (9,4 Prozent) da.
Positive Nachrichten gabe es für Lehrstellensuchende: Die Lehrstellenlücke ist so klein wie seit 17 Jahren nicht mehr, sagte Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ).
Leiharbeiter und Ausländer betroffen
Hart getroffen hat es im September erneut auch die Leiharbeiter, hier stieg die Arbeitslosigkeit um 11,6 Prozent. Auch in der Baubranche - ebenfalls ein männerdominierter Sektor - gab es mit +6 Prozent einen überdurchschnittlichen Anstieg. Insgesamt kletterte die Männerarbeitslosigkeit im abgelaufenen Monat um 6,7 Prozent, jene der Frauen um 3 Prozent. Im Handel (+2,8 Prozent) und im Tourismus (+1,4 Prozent) stieg die Anzahl der Joblosen vergleichsweise nur leicht.
Zu den Verlierern am österreichischen Arbeitsmarkt zählen vor allem Ausländer, bei denen sich die Anzahl der Arbeitslosen um 11,7 Prozent auf 49.607 erhöht hat. Die Zahl der arbeitslosen behinderten Personen ist um 13,3 Prozent auf 6.823 gestiegen. Der seit Monaten überdurchschnittliche Anstieg der Arbeitslosigkeit von Menschen mit Behinderung hänge damit zusammen, dass das AMS diese Menschen nun systematisch erfasse, erläuterte das Sozialministerium.
Eurokrise drosselt Jobmotor
Gleichzeitig zur Arbeitslosigkeit stieg im September auch die Beschäftigung um 50.000 Jobs, betonte das Ministerium. 90 Prozent des Beschäftigungszuwachses entfallen auf die Generation 50+. Immer deutlicher lässt sich aus der Arbeitsmarktstatistik auch die demografische Entwicklung in Österreich herauslesen, es gibt immer mehr ältere Menschen auf dem Arbeitsmarkt - sowohl bei den Beschäftigten als auch bei den Arbeitslosen.
Das BZÖ kritisiert Hundstorfer angesichts der zunehmenden Wichtigkeit Älterer für seine mutmaßliche Ignoranz des Problems. "Bei dieser Entwicklung gehen der Wirtschaft viel Praxiserfahrung und Know-how verloren", warnte Sozialsprecher Sigisbert Dolinschek. Eine umfassende Steuersenkung hingegen wäre eine wirksame Maßnahme, um neue Arbeitsplätze zu schaffen und die Arbeitslosigkeit rasch zu senken.
Eine Trendwende bei der Arbeitslosigkeit ist laut Ministerium nicht zu erwarten, erst wenn die europäische Wirtschaft "zu merklichem Wachstum zurückfindet, wird sich der österreichische Arbeitsmarkt erholen." Während nämlich Österreichs Wirtschaftsleistung real um fast vier Prozent höher sei als vor der Krise 2007, liege sie in der EU noch immer um ein Prozent unter dem Vorkrisenniveau und in der EU gebe es heute weniger Arbeitsplätze als vor der Krise, so Hundstorfer.
Nur Tirol entflieht Abwärtstrend
Die Arbeitslosigkeit ist in allen Bundesländern gestiegen. Nur in Tirol sinkt die Zahl der Arbeitslosen plus SchulungsteilnehmerInnen. In Kärnten, Vorarlberg, Wien und dem Burgenland steigt die Arbeitslosigkeit unterdurchschnittlich. Den stärksten Anstieg der Arbeitslosigkeit verzeichnet Oberösterreich, allerdings von niedrigem Niveau ausgehend, vor Niederösterreich, Salzburg und der Steiermark.
Der Septemberanstieg bei der Österreich-Arbeitslosigkeit war der geringste seit vier Monaten, im August hatte die Arbeitslosenzahl um 6,1 Prozent zugelegt, im Juli um 8,7 Prozent.
ÖGB und AK fordern Investitionen
In einer Reaktion fordert der Österreichische Gewerkschaftsbund (ÖGB) mehr Investitionen, um Arbeitsplätze zu schaffen. Auch die Arbeiterkammer (AK) sieht den Kampf gegen Arbeitslosigkeit als öffentliche Aufgabe für das Budget 2013. Die Industriellenvereinigung (IV) fordert strukturelle Reformen bei den Rahmenbedingungen für den Standort, insbesondere durch eine Flexibilisierung der Arbeitszeit und eine Senkung der Arbeitszusatzkosten.
Der ÖGB verweist auf die deutliche Steigerung bei den über-50-jährigen Arbeitslosen und fordert ein Bonus-Malus-System, damit es für Unternehmer deutlich teurer werde, ältere Beschäftigte auf die Straße zu setzen. Umgekehrt sollte Firmen, die überdurchschnittlich viele Ältere beschäftigten und sich um eine altersgerechte Gestaltung der Arbeitsplätze kümmern, dafür mit einem Bonus belohnt werden. Die Arbeitswelt müsse alternsgerecht werden. Die Arbeiterkammer fordert eine Beschäftigungsorientierung im heimischen Budget und einen Kurswechsel in der europäischen Budgetpolitik: Eine zu harte Konsolidierungspolitik bremse die Wirtschaft, erhöhe die Arbeitslosigkeit und bringe nicht die erwarteten Konsolidierungserfolge. (APA, 1.10.2012)