
Wien - Wenn sich die Lage am Jobmarkt eintrübt, darf sich eine Branche freuen: jene der Schulungsanbieter. Seit einem halben Jahr gibt es wieder deutlich steigende Kurszahlen. Im September absolvierten fast 66. 000 Arbeitssuchende einen Fortbildungskurs.
Damit wurden bereits fast wieder die Höchstwerte der Jahre 2009 und 2010 erreicht. Damals befanden sich im September rund 69.000 Menschen in Schulung. Zum Vergleich: Anfang des Jahrtausends waren es nur rund 30. 000, zu Beginn der Weltwirtschaftskrise 2007 waren es 50.000.
Vor allem in der Bundeshauptstadt setzt man nun wieder verstärkt auf die Kursschiene: Im Vergleich zum Vorjahr gibt es einen Anstieg um 18,9 Prozent, die meisten anderen Bundesländer haben nur einstellige Zuwachsraten.
Beim AMS Wien verweist man auf die hohe Zahl an Jobsuchenden, die keinen oder nur einen Pflichtschulabschluss haben. Daher versuche man mit " allen zur Verfügung stehenden Mittel zu qualifizieren".
Kritiker wenden aber auch gern ein, dass in Abschwungphasen Sinnlos-Kurse à la "Wie bewerbe ich mich richtig?" forciert würden - auch um die Statistik zu schönen. Zum einen werden Schulungen nämlich nicht in die offizielle Arbeitslosenzahl eingerechnet (siehe Grafik), zum anderen gilt man nicht als langzeitarbeitslos, wenn zwischendurch immer wieder Kurse besucht werden.
Im AMS-Budget führt die Kursoffensive naturgemäß zu Mehrkosten. Die Gesamtausgaben liegen bereits bei über einer Milliarde Euro. Wegen der hohen Zahl an Beschäftigten (plus 45.000 auf 3,525 Millionen) sieht allerdings auch die Einnahmensituation gut aus, weshalb das Budget vorerst nicht aus dem Gleichgewicht zu geraten droht, wie es aus Kreisen des AMS-Verwaltungsrates heißt.
25,5 Millionen joblos
Wesentlich dramatischer ist die Jobsituation in weiten Teilen Europas. Die Arbeitslosenrate in der Eurozone kletterte im August auf den neuen Rekordwert von 11,4 Prozent, gab das EU-Statistikamt Eurostat am Montag bekannt.
Demnach waren im Euroraum 18,2 Millionen Menschen auf Jobsuche, in der EU-27 waren es sogar 25,5 Millionen. Ein Ende des Negativtrends scheint nicht in Sicht. 20 EU-Länder wiesen eine steigende Arbeitslosenquote auf, nur sechs eine sinkende. In Großbritannien blieb die Zahl konstant. Die größten Sorgenkinder - Spanien und Griechenland - weisen eine Arbeitslosenquote von rund 25 Prozent auf. (Günther Oswald, DER STANDARD, 2.10.2012)