Die Betroffenheit steht den Schülern ins Gesicht geschrieben. Leo Bretholz erzählt sein Schicksal als Holocaust-Überlebender.

Foto: Standard

Wien - Durchhalten, das ist die Antwort von Leo Bretholz auf die Frage, welchen Tipp er für das Leben hat. Bretholz' Zuhörer sind Schüler verschiedener Schulen in Baltimore, Maryland.

Den Opfern des Holocaust ihren vollsten Respekt zu zollen war für Lukas Stepanik und Bernadette Wegenstein der Beweggrund, den Dokumentarfilm "See You Soon Again" zu drehen. Er begleitet die Zeitzeugen Bretholz und Bluma Shapiro bei ihren Gesprächen mit den Schülern.

"Ich bin over-holocausted"

"Manchmal werde ich schon müde, meine Geschichte zu erzählen. Ich bin over-holocausted", sagt Bretholz darin.

Die besondere Behandlung, die Bretholz als überlebendem Zeitzeugen entgegengebracht wird, kann er nicht nachempfinden. Zusammen mit der polnischen Emigrantin Bluma Shapiro führt er jährlich Schulbesuche durch.

Oft fühlt er sich von jenen Jugendlichen missverstanden, die den Holocaust beispielsweise mit der afroamerikanischen Sklaverei vergleichen. Für ihn kann man die Vorfälle mit nichts abwägen.

Trotz allem zögern Shapiro und Bretholz bei keiner einzigen Einladung. Ein Nein würde Untreue gegenüber ihrer Heimat bedeuten, die sie Hals über Kopf unter plagender Ungewissheit verlassen mussten, und auch ein Nein zu jenen, die keine Wahl hatten.

Bretholz Freiheit begann mit dem Sprung aus dem Zug, der ihn nach Auschwitz bringen sollte. Diese Extremsituation und andere riskante Umstände, bei denen er dem Tod schon ins Auge sehen konnte, machte er mit seinem Buch Flucht in die Dunkelheit für die ganze Welt zugänglich.

Kampf ums Entkommen

Shapiro kämpfte in drei Konzentrationslagern - darunter Auschwitz - und bei zwei Todesmärschen ums Überleben. Beiden ist es jedoch gelungen, den Blick immer nach vorn zu richten und den Mut aufzubringen, alles auf eine Karte zu setzen.

Die bedrückende Stimmung, die sich während der Erzählungen breitmacht, kommt nicht nur durch detailreiche Schilderungen auf, sondern auch durch gekonnte filmische Stilmittel, die den Zuseher mitreißen.

Ans Positive halten

So wird etwa die Stimme aus dem Off von Bretholz und Shapiro selbst gesprochen. Bei einem Szenenwechsel werden einschneidende Zitate eingeblendet, die zielsicher treffen. Das Ende des Filmes bildet ein Witz über die Unterschiede und das Miteinander zwischen katholischer und jüdischer Religion. Was vermittelt wird ist, dass es das Lächeln und die Suche nach Positivem war, was die Zeitzeugen am Leben hielt.

"See You Soon Again" ist aktuell im Wiener Top-Kino und den Village Cinemas zu sehen. (Belinda Walli/Sarah Lehner/Thomas Voit, DER STANDARD, 3.10.2012)