Ich bin schnell etwas besorgen ...: Notwendigkeit des Verweigerns, vorgeführt von David Sherry.

Foto: Projektraum Viktor Bucher

Wien - Die Figur des Bartleby und sein berühmt gewordenes "I would prefer not to" ist in den letzten Jahren immer wieder durch die Kunstwelt gegeistert. Im Jahr 1853 hat Herman Melville die Kurzgeschichte verfasst, in der ein Beamter in einer Rechtsanwaltkanzlei an der Wall Street wiederholt kundtut, dass er die ihm angetragene Arbeit lieber nicht erledigen möchte.

Für den jungen niederländischen Kurator Niekolaas Johannes Lekkerkerk, der im Rahmen des Galerienprojekts curated by (organisiert von departure) die Ausstellung bei Viktor Bucher kuratierte, ist Bartleby jedoch nur eine von mehreren Referenzen.

Lekkerkerk beginnt bei Marcel Duchamp ("Ich habe beschlossen, das Leben zu meiner Kunst zu machen"), erwähnt die Performance Das Lob der Faulheit von Mladen Stilinovic und endet bei der Anekdote, dass selbst Gerhard Richter ein Plakat mit dem Wort "NEIN" neben sein Telefon gelegt haben soll.

In Anlehnung an das traditionelle Bemühen, sich der (Waren-)Produktion zu entziehen, macht auch die Bilderverweigerung in der Ausstellung Artists of the No Sinn: Today I Wrote Nothing steht etwa in blassblauer Handschrift auf einem A4-Blatt - eine Arbeit von Dora García. Nicht zu übersehen ist auch der am Boden liegende Haufen ungeöffneter Briefe, die allesamt an den Kunstraum adressiert sind. Verantwortlich dafür zeichnet das schwedische Künstlerinnenduo Nina Beier und Marie Lund, die mit dem Kommunikationsstau den institutionellen Alltag lahmzulegen versuchen.

Als Betrachter assoziiert man unerledigte Arbeit - zum Anschauen sind die Kuverts jedoch ebenso wie die Videobilder, mit denen Ryan Gander sein Sabbatical einläutete, nur begrenzt interessant: My Last Work titelt Ganders Arbeit aus dem Jahr 2007, die den Künstler auf seinem visuell bewusst reduziert gehaltenen, aber 37-minütigen Weg vom Atelier nach Hause begleitet.

Überhaupt scheinen Dauer und Beharrlichkeit wichtige Mittel des verweigernden "No" zu sein: Der Ire David Sherry verharrte am Eröffnungsabend der Ausstellung mit der Post-it-Notiz Just popped out, back in two hours zwei Stunden lautlos auf einem Sessel. Und die finnische Künstlerin Pilvi Takala irritierte mit tagelanger Untätigkeit die Mitarbeiter in einem Unternehmen.

Während Takala in ihrem Video Trainee aber leider nur die anderen vorführt, bringt David Raymond Conroy doch auch die eigene Unzulänglichkeit ins Spiel: All the books I own but haven't read, stacked up in my house, in a place where the pile reaches from the floor to the ceiling titelt die sympathische Konzeptarbeit.

Angesichts der in Wien ansässigen Bibliothek ungelesener Bücher von Julius Deutschbauer könnte man wohlwollend vermuten, dass Conroy auch etwas gegen das in der Kunstwelt so wichtige Originäre hat. (Christa Benzer, DER STANDARD, 4.10.2012)