Arno Raunig als Fürst Go-Go zwischen weißem und schwarzem Minister.

Foto: Neue Oper Wien / armin bardel

Wien - Vom Datum her wäre natürlich eine Premiere am 21. Dezember ideal gewesen. Weltuntergangsfans deuten ja aus Kalenderdokumenten der Maya diesen Tag als jenen, an dem das Ende alles Irdischen bevorsteht. Und in György Ligetis Endzeitoper Le Grand Macabre kommt ja dieser Nekrotzar (hervorragend Martin Achrainer) nach Brueghelland mit einer Botschaft, die hierzu gut passen würde. Mit Unterstützung eines Kometen, so der selbst schon etwas ramponiert wirkende Unheilsverkünder, würde er um Mitternacht die Welt auslöschen.

Die formidable, passend groteske Version der Neuen Oper Wien taugt natürlich auch als musiktheatrale Einstimmung auf das, was da im Dezember von manchen erwartet wird. Es würde sogar irgendwann eine Wiederaufnahmen verdienen. So es denn die Welt noch geben sollte.

Regisseur Carlos Wagner treibt die Figuren jedenfalls zu überspannter Verlebendigung des Theaterraumes. Nekrotzar landet zwar in einem Citroën (mit Sarg auf dem Dach) in einer mühlhaldenhaften urbanen Landschaft, die wohl über Spielplätze verfügt wie auch über ein riesiges Schaukelpferd, dennoch aber als Musterbeispiel der Verwahrlosung durchgehen würde. Resignation herrscht hier allerdings nicht: Astrologe Astradamors (sympathisch Nicholas Isherwood) wird von seiner erotikfixierten Gattin Mescalina (Annette Schönmüller) ausgiebig gequält. Der infantil-verspielte Fürst Go-Go mit der übergroßen Krone (witzig Arno Raunig) findet sich slapstickartig eingezwängt zwischen Vertretern zweier Parteien, dem schwarzen Minister (Stephan Rehm) und dem weißen (Gerhard Karzel) .

Und das Volk (Wiener Kammerchor) ist letztlich so weit weg von jeglicher Selbstbestimmung, dass es freudig auch ulkigste Bewegungen des redenschwingenden Fürsten imitiert. Was Wunder, dass sich Nekrotzar in dieser schrillen Welt verfängt, auf seine Mission vergisst und mit Saufkumpan Piet vom Fass (von kurzweiliger Komödiantik Brian Galliford) im Himmel der Alkoholfreuden landet - wenn es gegen Mitternacht geht. So geht der Weltenbrand quasi im Besäufnis unter.

Jedenfalls: Das Untergangsganze ist im Museumsquartier hochrespektabel umgesetzt worden (ein paar unbedarfte Kinderszenen ausgenommen). Und auch das Amadeus-Ensemble unter Walter Kobera meistert die schroffen Strukturen wie die irrwitzigen orchestralen Kulminationen und die kontemplativen Momente der raffinierten Partitur durchwegs (und bisweilen apokalyptisch) wirkungsvoll. (Ljubiša Tošic, DER STANDARD, 4.10.2012)