Streng nach Lehrbuch haben die heimischen Bischöfe und die Pfarrerinitiative die letzte Stufe einer Konfliktbildung erreicht. Die Eskalation ist vorüber, es folgt die Phase der Abkühlung. Doch ohne Konfliktlösung verhärten sich die Fronten. Stimmt das Kräfteverhältnis, ergibt sich eine klassische Pattsituation. Das hat nun auch Kardinal Christoph Schönborn erkannt. Ein labiles Gleichgewicht, das schnell ins Wanken gerät.

Der Kardinal rät daher zu einem Rückschritt. "Step back and see" lautet sein Motto. Doch nur einen Schritt zurückzugehen und aus sicherer Entfernung zu schauen, was passiert, wird eindeutig zu wenig sein. Der jüngst präsentierte Hirtenbrief zeigt einmal mehr auf, dass man auf Bischofsebene immer noch nicht verstanden hat, dass das provokante Spiel mit dem Ungehorsam längst vorbei ist. Schlusspfiff. Unentschieden im Match Pfarrer-Unterhaus versus Bischofs-Oberliga. Eine Verlängerung wäre sinnlos.

Doch die Begeisterung für das Spiel ist beim Kirchenvolk entfacht. Man ist nicht mehr bereit, alles als gottgegeben hinzunehmen. Noch nie war der Ruf nach Reformen so laut wie jetzt. Die Kirche steckt in einer ihrer wohl tiefsten Glaubwürdigkeitskrisen. 50 Jahre nach dem letzten großen Konzil in Rom wäre es für die Bischöfe daher höchste Zeit, dem Kirchenvolk auf Augenhöhe gegenüberzutreten. Es braucht keine endlosen Hahnenkämpfe profilierungssüchtiger Kirchenmänner, sondern einen echten Reformdialog. (Markus Rohrhofer, DER STANDARD, 4.10.2012)