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Die erste Anklage aus dem Telekom-Austria-Komplex offenbart bereits Skurrilitäten, die ein interessantes Verfahren vor dem Strafgericht versprechen.

Foto: Reuters/HEINZ-PETER BADER

Wien - Die erste Anklage in der Causa Telekom Austria liegt auf dem Tisch (rechtskräftig ist sie noch nicht) - und die Beschäftigung mit den Vorgängen rund um den Kurssprung der Telekom-Aktie im Februar 2004 verspricht interessant zu werden. Wie berichtet wirft der Staatsanwalt den Ex-Chefs der Telekom Austria (TA), Rudolf Fischer, Stefano Colombo, Heinz Sundt, und einem weiteren TA-Mitarbeiter sowie dem Broker Johann Wanovits Untreue vor - sie bestreiten die Vorwürfe.

Auch "Bankier" (Anklage) Wanovits von der Euro Invest will von Beihilfe zur Untreue nichts wissen - er soll argumentieren, dass er durch die kursstützenden Aktieneinkäufe, die er damals im Auftrag der TA tätigte, " nur die Marktneutralität hergestellt hat". Denn zuvor hätten kursschwächende Kursmanipulationen stattgefunden, die die Erreichung des von der TA angepeilten Kursziels, an dem der Erfolg des Stock-Option-Programms der führenden Mitarbeiter hing, gefährdet.

Dieser Verdacht hat Wanovits nun zu einem Gegenschlag veranlasst. Er hat am Dienstag bei der Staatsanwaltschaft Wien Anzeige gegen unbekannte Täter erstattet. Darin erhebt er den Vorwurf der Kursmanipulation und des Betrugs. Man habe versucht, den Kurs der Aktie unter den Schwellenwert von 11,70 Euro zu treiben. Die "verdächtigen Angriffe auf den Kurs" seien im Wesentlichen über die Deutsche Bank erfolgt.

Seine Aktieneinkaufsdienste für die TA wird Wanovits im Prozess nicht bestreiten, die wären ein "normales Börsengeschäft" gewesen, er selbst habe gegen eine Prämie Risiko übernommen.

Ohne Rechnung

Wie er zu seinem Geld kam, das erschließt sich aus der 48-seitigen Anklageschrift - und entbehrt nicht gewisser Skurrilitäten. Mündlich ausgemacht war ja, dass Wanovits eine Million Euro bekommt - bis wann, war nicht vereinbart. Wanovits soll erzählen, nach etlichen Monaten " weichgekocht" gewesen zu sein, damals habe er die Frage Gernot Schieszlers, ob er das Geld auch ohne Rechnung nähme, bejaht. Das nötige Bargeld lukrierte die TA laut Anklage und Einvernahmen aus Scheingeschäften mit dem Lobbyisten Peter Hochegger. Wie das lief: TA-Mitarbeiter erstellten Studien, die Hochegger "zugeordnet" und ihm bezahlt wurden.

Aus der Anklage: "Von der von der TA an Hocheggers Valora bezahlten Summe von 1,5 Mio. Euro netto wird jedenfalls ein Betrag von 1,1 Mio. Euro zur Gewinnung von Bargeld, das an Wanovits ... zu übergeben war, aufgewendet."

In der Folge habe Hochegger von seinen Konten Geld abgehoben - das zum Beispiel am 8. Juli 2004 an Wanovits weiter gereicht wurde. "Ein Teil des Geldes war verschweißt. Schieszler hat das Bargeld in seine Aktentasche gesteckt", sagte ein Involvierter aus. Die Übergabe fand dann, und das bestätigte auch Wanovits, ganz profan in Schieszlers Auto statt. Wanovits stieg in der Wiener Wehrgasse zu Schieszler und einem unbekannten Fahrer, um das Geld in Empfang zu nehmen. Danach ging man essen. Dass Schieszler und ein anderer TA-Mitarbeiter einen Teil seiner Prämie von ihm als "Belohnung" erhielten, bestreitet der Broker.

Bei der zweiten Bargeldtransaktion "2004 oder 2005" (Anklage) wechselten 270.000 Euro den Besitzer. Laut in Format zitierten Aussagen fand die Übergabe in passendem Rahmen statt: bei einem Referat des Kriminalpsychologen Thomas Müller vor Telekom-Führungskräften.

Streit um Energiestudie

Wanovits selbst gibt zu, 600.000 Euro auf die Hand bekommen zu haben. Den Vorwurf der Justiz, das restliche Geld habe er u. a. über eine Energiestudie für die Valora hereingebracht, für die "weder Valora noch die TA Verwendung hatten", weist er zurück. Er beschäftige sich seit langem mit erneuerbarer Energie und Peter Hochegger habe in Windparks investiert, weswegen er "Wanovits' Know-how" gebraucht habe.

Der Ankläger sieht es anders: Schieszler habe Hochegger beauftragt, (Schein-)Projekte aufzusetzen, um die restliche Schuld zu tilgen. Was stimmt, wird sich im Prozess zeigen. (Renate Graber, DER STANDARD, 5.10.2012)