Die Toilette "Diversion Toilet"...

Foto: Hersteller

...von den Eoos-Designern Martin Bergmann, Harald Gründl und Gernot Bohmann (v. li.).

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Eoos, der Name steht nicht nur für eines der vier Sonnenpferde des Helios, sondern längst auch für das in internationale Designsphären abgehobene Gestalter-Büro mit Sitz in Wien, schließlich stand das Trio bereits in den Diensten von Firmen wie Armani, Adidas, Alessi oder Zumtobel. Von sich hören lassen Harald Gründl, Gernot Bohmann und Martin Bergmann zurzeit allerdings nicht nur mit Shop- oder Produktdesign, sondern auch mit dem Entwurf eines Häusls, einer Toilette, die es im wahrsten Sinne des Wortes in sich hat.

Wie es zu dem Projekt kam, erklärt Harald Gründl folgendermaßen: "Wir überlegen seit vielen Jahren, wie wir auf die sich verändernden Umweltbedingungen reagieren wollen. Was unser Beitrag sein könnte. Nach einigen Pilotprojekten im Möbel-, Leuchten- und Sanitärbereich stießen wir im Rahmen der Recherchen auf die Eawag, das Wasserforschungsinstitut der ETH Zürich, die bereits seit zehn Jahren an alternativen Abwasserkonzepten und Entwicklungshilfeprojekten forschte. Das war eine glückliche Fügung. Wir kamen uns bei unserem Besuch dort vor wie 'der verlorene Sohn', der nach Hause kommt – im Sinne von 'das Design kommt jetzt'. So kam es zu unserem Gemeinschaftsprojekt, an dem wir ein Jahr tüftelten und unter anderem auch nach Kampala, der Hauptstadt Ugandas, reisten."

Gefinkeltes System

Dann kam der heurige Sommer. Gründl packte wieder die Koffer, flog nach Seattle und präsentierte auf einer Messe namens "Reinvent the Toilet" die Diversion Toilet. Acht Teams waren von der Bill & Melinda Gates Foundation eingeladen worden, eine Lösung für die gravierenden sanitären Probleme in urbanen Slums zu entwickeln, die kostengünstig, sauber, sicher und universell einsetzbar ist. Die blaue Hocktoilette von Eoos trennt über ein gefinkeltes System Urin und Fäkalien, bietet sauberes Wasser, das sich über einen Filter selbst reinigt. Sogar ein Handwaschbecken hat das Ding. Doch damit nicht genug, das Wunderhäusl mit einem raffinierten Verschlusssystem bedarf keiner Wasser- oder Kanalanbindung. Eine Art Container mit den Exkrementen wird regelmäßig abgepumpt oder ausgetauscht, so die Idee, wobei Urin zum Beispiel zu Dünger weiterverwertet werden könnte.

Wichtig ist den Designern von Eoos außerdem, dass ihre Sanitäranlage bezüglich der Einzelteile lokal fertigbar ist. Auch in Sachen Architektur ist die Diversion Toilet etwas Besonderes, denn sie ist mehr Möbel als Häusl, kann also in bestehende Baulichkeiten, wie notdürftig diese auch immer errichtet sind, integriert werden. "Solche Toiletten gab es bislang nur im Weltall", sagt Gründl in Sachen Anschlüsse. Der wenige Strom, der benötigt wird, wird über ein handtellergroßes Solarpanel gewonnen.

Eine der großen Erkenntnisse des Projekts beschreibt Gründl wie folgt: "Design gehört einfach ganz früh in technologische Prozesse integriert. Klar kann man irgendeinen Prozess gestalten, aber wenn es nie die Schnittstelle zum Konsumenten gibt, an welcher dieser die Technologie akzeptiert und cool findet, dann wird es auch keinen Fortschritt geben, und das Ding verschwindet in der Schublade. Die Frage lautet auch, wie macht man was, das die Leute haben wollen. Gerade auch bei so einem Objekt. Außerdem hat es erst unser Design ermöglicht, dass die Schweizer die Technik dahinter machen konnten."

"I like the design"

"Bill Gates", erzählt Gründl weiter, "findet die Toilette übrigens sehr cool", und auf die Frage, wie der reichste Amerikaner denn so ist, antwortet der Designer: "Wir wurden auf das Zusammentreffen vorbereitet. Man sagte uns, er sei sehr pointiert, frage direkt heraus, und man solle nicht den Fehler machen, seine eigene Position zu verteidigen, sondern sich Gedanken machen, was man mit Kritik anfangen kann. Ist schon cool, oder? Ich finde, da kann man was lernen. Außerdem hat er sich sehr für unser Projekt interessiert. Er stand bei uns bestimmt dreimal so lang wie bei den anderen und sagte dann noch 'I like the design'." Belohnt wurde Eoos nicht nur mit einem Schulterklopfer von Bill Gates. Die Foundation ließ weiters 40.000 Dollar springen und verlieh dem Trio einen Anerkennungspreis für herausragendes Design.

Ob sich das System wirklich durchsetzen wird, beantwortet die Verkaufsingenieurin und Eawag-Projektleiterin Tove Larsen so: "Das hängt davon ab, wie gut unser Geschäftsmodell ist. Keine Lösung, die permanent auf Subventionen angewiesen ist, wird langfristig funktionieren." (Michael Hausenblas, Rondo, DER STANDARD, 5.10.2012)