Korneuburg - Im Zusammenhang mit dem durch Pestizide verunreinigten Korneuburger Grundwasser ist nun ein unabhängiges Expertenteam am Wort, das die Sanierungsmaßnahmen leiten wird. Die Herkunft der Verunreinigung sei durch Probennahmen und Überprüfungen auf das Werksgelände der Kwizda Agro GmbH eingeengt worden, teilte die Bezirkshauptmannschaft am Donnerstag mit. Als wahrscheinliche Ursache gilt ein undichter Abwassersammelbehälter am Areal des Spritzmittelherstellers.
Werner Wruss, der das Expertenteam leitet, sprach von einem mehrstufigen Konzept, das umgesetzt werden soll. Eine Sofortmaßnahme sei die Wasserhaltung auf dem Kwizda-Werksgelände, damit es zu keinen weiteren Emissionen komme. Außerdem gehe es um die Quellsanierung und die Inbetriebnahme bzw. Aktivierung von Sperrbrunnen, die nachgerüstet werden müssten, um auch das zuletzt entdeckte Herbizid Clopyralid zurückzuhalten.
Dritte Substanz gefunden
Derartige Grundwasserreinigungen könnten selbst Jahrzehnte dauern, so Wruss. Darüber hinaus sei mit Kosten von einigen Millionen Euro zu rechnen. Für Bezirkshauptfrau Waltraud Müllner-Toifl hat die Sanierung des Schadensfalls Priorität, sagte sie. Ob strafrechtliche Tatbestände vorliegen, habe die Staatsanwaltschaft zu klären.
Bei den Untersuchungen außerhalb des Kwizda-Geländes wurden bisher drei Substanzen gefunden: Neben Thiamethoxam sowie Abbauprodukten des Insektizids Clopyralid wurde mit Florasulam ein weiteres Herbizid entdeckt. Das Screening von etwa 850 Substanzen sei einzigartig, so Wruss. Ergebnisse der Spezialuntersuchungen von rund 40 dieser Substanzen sollen in etwa zwei Wochen vorliegen.
Die Behörden wiederholten am Donnerstag die Empfehlung, das Grundwasser vorsorglich nicht als Trink- und Gießwasser zu verwenden. Auswirkungen der Verunreinigungen auf Mensch und Umwelt würde die AGES analysieren, die Bezirkshauptmannschaft Korneuburg habe ein Gutachten in Auftrag gegeben. Das Leitungswasser sei "absolut unbedenklich".
Global 2000 bangt auch um Trinkwasser
Dem widerspricht Umweltorganisation Global 2000, wo man sich auch hinsichtlich des Trinkwassers besorgt gezeigt. Die Versorgung durch das Brunnenfeld Bisamberg sei möglicherweise pestizidbelastet gewesen, teilte die Umweltorganisation in einer Aussendung mit. Eine Untersuchung im Auftrag der Bezirkshauptmannschaft habe hohe Clopyralid-Belastungen ergeben.
Von der Behörde vorgestellte Messdaten würden "zeigen, dass das Brunnenfeld Bisamberg möglicherweise innerhalb des belasteten Grundwassergebiets liegt", so Global 2000. Für Umweltchemiker Helmut Burtscher drängen sich somit mehrere Fragen auf: "Seit wann besteht die Kontamination in diesem Grundwasserbereich schon? Und vor allem: Ist Clopyralid auch in das Trinkwassernetz gelangt?"
Betroffener Brunnen von EVN stillgelegt
Fest stehe, so Global 2000, "dass der betroffene Brunnen bereits vor Wochen von der EVN stillgelegt wurde". Im Hinblick auf mögliche zukünftige Schadensansprüche und Regressforderungen sei es wichtig, Klarheit darüber zu gewinnen, ob in der Vergangenheit möglicherweise mit Pestiziden belastetes Wasser in die Trinkwasserversorgung gelangen konnte, und falls ja: wann, in welchen Mengen und wo?" Burtscher beruhigt allerdings auch: "Der Grenzwert für die Pestizide im Wasser ist mit 0,1 Mikrogramm pro Liter sehr niedrig angesetzt. Auch bei mehrfacher Überschreitung sollte noch keine direkte Gesundheitsgefahr bestehen." Aufklärung sei dennoch "unabdingbar".
Global 2000 kündigte am Freitag außerdem gemeinsam mit der Bürgerinitiative "Pro Reines Wasser" entsprechende Schritte zur Beweissicherung an. Laut Matthias Schabl von der Initiative sollen in den kommenden Wochen Proben eingesammelt und auf Spuren von Clopyralid und Thiamethoxam untersucht werden. "Dies wird Rückschlüsse darüber zulassen, ob Trinkwasser in in der Vergangenheit belastet war oder nicht." (APA, 5.10.2012)