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Wenig Balsam auf der österreichsichen Fußballseele.

Foto: APA/Hochmuth

Charkiw/Wien - Alexander Jaroslawski, der den durchaus interessanten und in der Ukraine beliebten Beruf eines Oligarchen ausübt, schrieb Autogramme. Ehe er von Bodyguards der Marke "Henker", die man niemals schief oder gerade anschauen sollte, zum gepanzerten Geländewagen geleitet wurde, sagte der Präsident von Metalist Charkiw: "Ich wünsche Rapid alles Gute. Aber ich will die Europa League gewinnen."

Trainer Miron Markewitsch verwirrte nach dem 2:0. "Ich möchte Rapid und meinem Kollegen Schöttel gratulieren. Da entsteht etwas. Wir hingegen benötigen mehr Qualität." Das war wohl an Milliardär Jaroslawski gerichtet, der lässt sich maximal einmal bitten. Er leidet angeblich an Kaufsucht, die er im Fußball stillt.

Rapid hat dafür Rudolf Edlinger, der schreibt praktisch nie Autogramme, hat kein Geld für Topstars wie Taison, vor Bodyguards und gepanzerten Autos würde er sich fürchten. "Leider wieder nicht gepunktet", sagte er.

Seelenproblem

Der österreichische Fußball bekommt schön langsam ein Problem. Nach Niederlagen wird zur Leistung gratuliert. Das 1:2 gegen Deutschland war der Vorgänger. Peter Schöttel hat seiner Mannschaft übrigens auch gratuliert: "Sie haben es teilweise richtig gut gemacht, ließen Metalist nicht zu Entfaltung kommen, sie haben ihnen die Freude genommen. Gegen andere Mannschaften sahen sie weit besser aus. Eine positive Entwicklung ist nicht zu leugnen." Und dann die Kritik: "Hast du fünf, sechs hochkarätige Chancen, musst du eine nützen. Das kann nicht nur Pech sein, da fehlt die Entschlossenheit, die Kaltschnäuzigkeit." Inwieweit das erlernbar ist, darüber streiten Philosophen, Trainer, Ultras und die Spieler selbst.

Verteidiger Mario Sonnleitner fragte sich: "War es Glück, Pech oder die Qualität? Ärgerlich, wenn man international durch eine Standardsituation auf die Verliererstraße kommt." Fakt ist, dass Rapid nach zwei Partien null Punkte in der Gruppe K hat. Und weit über der Europa League thront immer noch die Champions League. " Frustrierend", sagte Kapitän Steffen Hofmann, der gelernt hat, "aus Niederlagen Positives mitzunehmen. Für die Zukunft unserer jungen Mannschaft war die gute Leistung wichtig. Sie sieht, dass Arbeit Sinn macht."

Blickpunkt Leverkusen

Hofmann wies auch darauf hin, dass man im Geisterspiel gegen Rosenborg (1:2) knapp 70 Prozent Ballbesitz hatte. "Das ist prinzipiell ein gutes Zeichen. Man ist sogar in der Lage, auf internationaler Ebene ein Spiel zu dominieren. Was dabei dann rausgekommen ist, ist ein anderes Kapitel." Natürlich sei es erstrebenswert, "nach Siegen beglückwünscht zu werden". Als Beispiel führte Hofmann das 3:0 im Playoff gegen Paok Saloniki an. " Gott sei Dank kommt auch so etwas vor."

Am 25. Oktober geht die Gruppenphase gegen Bayer Leverkusen weiter, das Happel-Stadion wird mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausverkauft sein. Rapid muss auf Guido Burgstaller verzichten, der wurde gegen Charkiw in der Nachspielzeit völlig zu Recht ausgeschlossen. "Das Foul war einfach nur blöd", sagte Burgstaller. Er sei aufgrund der vergebenen Chancen frustriert gewesen. "Ich kann halt nicht verlieren." Schöttel wird keine Geldstrafe verhängen. "Er hat sich selbst genug geschadet und uns auch. Sein Fehlen gegen Leverkusen ist schmerzhaft."

Die Sehnsucht nach Punkten sei jedenfalls groß. "Ich will, dass wir endlich anschreiben. Das gehört zu einer positiven Entwicklung dazu. Es wäre die Bestätigung." Am Sonntagabend geht es in der Liga daheim gegen Wiener Neustadt. Von einem Punktezuwachs ist auszugehen, obwohl man als österreichischer Tabellenführer niemanden unterschätzen soll. Für die Wiener Neustädter ist es ein anderes Niveau, sie müssen laut Trainer Heimo Pfeifenberger kaltschnäuzig sein und bei Standards aufpassen.(Christian Hackl, DER STANDARD, 06./07. Oktober 2012)