Die unterirdische Erweiterung für das KHM (links) und das NHM: Vogelperspektive auf das von Manfred Wehdorn geplante Museumsforum mit der Anbindung an das MQ im Hintergrund.

Visualisierung: Büro Wehdorn

Wehdorn tastet die Gestaltung des Platzes nicht an: Er sieht nur Glaskuben und einen Eingang zum Kulturforum am Ring vor.

Visualisierung: Büro Wehdorn

Architekt Wehdorn sieht eine Anbindung ans Museumsquartier vor.

Wien - Vor exakt 20 Jahren gab Wilfried Seipel, damals frisch bestallter Generaldirektor des Kunsthistorischen Museums, beim Architekten Manfred Wehdorn eine Studie in Auftrag: Er träumte von einer Erweiterung des Museums unter dem Maria-Theresien-Platz. Und weil der Louvre mit der Glaspyramide von Ieoh Ming Pei in aller Munde war, wünschte sich Seipel eine Eingangssituation beim barocken Denkmal inmitten des Platzes.

Das Projekt, ergänzt um eine Garage für Autobusse, ließ sich nicht realisieren. Die Platznot im KHM aber wurde nicht geringer. Auch Sabine Haag, die Seipel 2009 nachfolgte, stellte Überlegungen an. "Das historische Gebäude ist natürlich ein Atout", sagt sie. "Wir werben auch mit dem 'begehbaren Gesamtkunstwerk‘. Aber nach 120 Jahren haben sich die Abläufe im Museum und die Bedürfnisse geändert. Wir brauchen eine moderne Infrastruktur, um die mittlerweile selbstverständlichen Erwartungen der Besucher zu erfüllen. Oberirdisch sehen wir allerdings wenig Erweiterungsmöglichkeiten." Doch für ihr damaliges Visavis Bernd Lötsch, Direktor des Naturhistorischen Museums, kam eine Unterkellerung des Maria-Theresien-Platzes nicht infrage: "Meine Eiben!", habe er gesagt.

Sein Nachfolger Christian Köberl, seit 2010 im Amt, sieht die Sache anders: "Wir haben keine heiligen Eiben." Zumal diese, als Gottfried Semper und Carl von Hasenauer das Kaiserforum planten, gar nicht vorgesehen waren.

Haag und Köberl beauftragten Wehdorn mit einer neuen Studie. Der Architekt, der den Denkmalschutz in seinen Projekten immer mitbedenkt, entwarf ein "unterirdisches Wegekreuz", das die beiden Museen und das Museumsquartier miteinander verbindet. Die Eingangssituation am Ring ist den geschwungenen Auffahrtsrampen von KHM und NHM nachempfunden; über einen Gang unter der viel befahrenen Museumsstraße gelangt man direkt ins MQ. Die unterirdischen Flächen würden sich die Museen geschwisterlich teilen. Jedes bekäme endlich eine passable Halle für Sonderausstellungen (mit je rund 1200 Quadratmetern).

Das KHM hätte zudem Platz, das Heroon von Trysa aufzubauen, das, weil es eine Schutzhülle braucht, noch nie gezeigt werden konnte. Vorgesehen sind auch 1800 Quadratmeter für die Schätze aus Ephesos sowie Bergeräume (für den Katastrophenfall). Das NHM könnte auf 1.000 Quadratmetern eine didaktisch konzipierte Einführung in die Naturwissenschaften bieten. Und es gäbe genug neue Depotflächen. "Wir sind derzeit zu 95 Prozent voll", sagt Köberl. Als gemeinsam zu nutzende Einrichtungen sind ein Konferenzzentrum (mit 950 Quadratmetern für bis zu 400 Personen) sowie die Kassen und Infostände rund um das Fundament der Statue vorgesehen. Entlang der unterirdischen Achse soll es Museumsshops, Cafés und andere gastronomische Einrichtungen geben.

Die Errichtungskosten, die bei 90 Millionen Euro liegen dürften, erschrecken Köberl nicht: "Es werden viele Berge durchlöchert - und man fragt sich: Wozu? Hier hätte man die Möglichkeit, mitten in der Stadt eine kulturelle Attraktion ersten Ranges zu schaffen, die auch von sozialökonomischer Bedeutung ist. Und es kostet nur einen Bruchteil eines Tunnels."

Hinzu kommen Betriebskosten von 1,6 Millionen Euro im Jahr. Andererseits ist ein Besucherzuwachs von bis zu 20 Prozent zu erwarten: "Wir hätten ja viel mehr herzuzeigen - und die Besucherführung würde weit effizienter."

Haag und Köberl präsentierten das Projekt bereits mehreren Institutionen. Burghauptmann Reinhold Sahl spricht von "einem schönen Projekt". Und auch bei den Bundesgärten hätte man sich, so Köberl, positiv geäußert. Denn die Büsche seien "am Ende ihres Lebens angekommen"; es sei daher geplant, den Platz in etwa fünf Jahren neu zu bepflanzen. (Thomas Trenkler, DER STANDARD, 6./7.10.2012)