Klein, aber oho: Die Escape-Taste begleitete die Computer-Revolution.

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Es ist die "Hey, Maschine, ich bin dein Meister"-Taste. Ein kleines, unscheinbares, viereckiges Ding, das zumeist den linken, oberen Eckplatz auf der Tastatur einnimmt. Es pausiert Spiele, stoppt Rechenvorgänge und schließt Fenster - kurz: "Escape" zieht die Bremse und verschafft dem Menschen vor der Maschine die Gelegenheit, wieder die Kontrolle an sich zu reißen.

Was "Hal" gefehlt hat

Jack Dennerlein, der an der Harvard School of Public Health tätig ist, ist der Meinung, dass besagte Taste für die Computer-Revolution der 70er und 80er von wichtiger Bedeutung war. Eben aus dem genannten Grund: Sie stellte das Herr-und-Diener-Verhältnis zwischen Nutzer und Maschine wieder her. Hätte die Konsole des durchgeknallten Computers "Hal" in "2001: Odyssee im Weltraum" einen Escape-Knopf gehabt, es wäre niemals zu den turbulenten Ereignissen gekommen.

Von einem Code zum nächsten

"Escape" wurde 1960 erfunden. Die New York Times hat mehr über den Kopf hinter der Taste aufgestöbert, ein 2004 verstorbener Programmierer namens Robert William Bemer, genannt "Bob", der damals bei IBM tätig war. Er versuchte damit das Problem in den Griff zu bekommen, dass unzählige Computer unterschiedlichen Code schluckten. Mittels der neu erfundenen Taste konnte er schnell von der einen Sorte Code zur nächsten wechseln.

Vom Wechsler zum Unterbrecher

Eine Funktion, die mit übergreifender Standardisierung (an der auch Bemer maßgeblichen Anteil hatte) obsolet wurde. Doch der "Escape"-Knopf erfand sich neu und wurde zum mächtigen Unterbrecher.

Dass die Taste übersetzt "Flucht" oder "Ausbruch" und nicht etwa "Unterbrechung" heißt, darf dem sorgenvollen Gemüt von Bemer zugeschrieben werden. Dieser warnte bereits anno dazumal die Berater von US-Präsident Nixon vor dem "Year 2K"-Bug und seinen möglicherweise verheerenden Folgen. Berufskollegen sind Bemer nichtsdestotrotz bis heute dankbar für die "Hol mich hier raus"-Taste.

Dinosaurier

Noch allgegenwärtig, wenn auch wesentlich seltener benutzt, könnte der Button bald mitsamt seiner Unterlage zum Relikt werden. So wie man einst vom Konzept der Schreibmaschine auf das Keyboard umgerüstet hat, um Texte zu erstellen, könnten in absehbarer Zeit andere Eingabeformen an die Stelle der tastenbesetzten Leiterplatten rücken.

"Computer sehen heute anders aus, sie sind wie Smartphones", meint Nokia-Forscher Joseph Kay. "In zehn oder 15 Jahren könnte die Idee einer Tastatur seltsam wirken. Vielleicht fragen wir uns dann: 'Erinnerst du dich daran, als wir Sachen noch eingetippt haben?'". Er sieht Spracheingabe und spezialisierte Geräte im Stile der Wii-Controller oder Kinect als mögliche Zukunftsoptionen. Bis dahin wird die "Escape"-Taste aber noch das eine oder andere Mal gedrückt werden. (red, derStandard.at, 06.10.2012)