Graz - Walter Hubner geht's momentan nicht besonders. Er fühlt sich als Buhmann der Region und wartet täglich auf einen Anschiss. Aus der Grazer Parteizentrale.

Der rote Vordernberger Bürgermeister hatte Ende September das von der rot-schwarzen "Reform-Regierung" so euphorisch beworbene erste große Gemeindefusions-Modell mit Trofaiach, Gai und Hafning torpediert und ist mit seiner Gemeinde im letzten Moment ausgeschert. Irgendwann während der monatelangen Verlandungen mit den anderen Gemeinden seien ihm "tiefe Zweifel" gekommen, ob die von den SPÖ-Landeshauptmann Franz Voves und seinem ÖVP-Vize Hermann Schützenhöfer propagierte Gemeindefusion tatsächlich sinnvoll sei.

Die Fusion sei wegen der Not im Landesbudget viel zu schnell durchgezogen worden. Hubner im STANDARD-Gespräch: "Wir wussten bis zum Schluss der Verhandlungen etwa nicht, wie viel Kanalgebühren unsere Bürger zahlen müssen, wie die Gemeinden in der neuen Stadt vertreten sein werden oder wie überhaupt die landesgesetzlichen Rahmen ausschauen."

Hubner bezweifelt Einsparungspotenziale

Aber da sei vor allem die grundsätzliche Skepsis. Hubner glaubt nicht mehr an die propagierten hohen Einsparungspotenziale von Gemeindefusionen: "Okay, es wird weniger Gemeinderäte und Bürgermeister geben. Das macht das Kraut aber auch nicht fett."

Erfahrungen hätten gezeigt, dass letzten Endes die kleinen Gemeinden bei Fusionen überbleiben, die Bevölkerung in die größere überwechsle, sagt Hubner. Vordernberg sei schon jetzt von einer Austrocknung bedroht. Jüngstes Beispiel: Die örtliche Bank habe angekündigt, die Filialen in der Region um Vordernberg zu schließen. Zweimal die Woche werde ein Bank-Sattelschlepper kommen, um Bankgeschäfte entgegenzunehmen. Die Bürgermeister der Gegend laufen Sturm, damit zumindest Bankomaten bestehen bleiben.

Hubner: "Das ist nur ein Aspekt der Entwicklungen hier am Land. Damit fängt es an, dann folgen die Schulen und weitere wichtige Fundamente der örtlichen Infrastruktur. Davor haben wir Angst, das sind die wirklich wichtigen Problemfelder, die wir vorher diskutieren müssen, ehe wir an Fusionen herangehen. Ich weiß, ich bin momentan der Buhmann, aber da muss ich durch." (Walter Müller, DER STANDARD, 8.10.2012)