Burger: "Wir haben in den Lehrgängen viel im taktischen Bereich gearbeitet und hatten das Glück, einen guten Trainer zu erwischen, der sich taktisch sehr gut auskennt und das Wissen auch gut rüberbringt. Er hat maßgeblichen Anteil daran, dass wir in letzter Zeit so erfolgreich waren."

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Stollenkontrolle von Maria Gstöttner (re.) bei Teamkollegin Nina Burger in Neulengbach.

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Burger im Champions-League-Einsatz gegen Olimpia Cluj. Neulengbach verpasste das Achtelfinale nach einem 1:1 auswärts und einem 2:2 zu Hause aufgrund der Auswärtstorregel.

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Burger im Einsatz beim Algarve Cup 2010 in Faro.

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Österreichs Fußball-Frauenteam hat mit dem Erreichen des Play-offs für die Qualifikation zur Europameisterschaft in Schweden 2013 bisher Unerreichtes geschafft. derStandard.at sprach vor dem Duell mit Russland am Sonntag in St. Pölten und am Donnerstag darauf in Rostow mit ÖFB-Teamspielerin Nina Burger.

Die treffsichere Stürmerin des SV Neulengbach hofft, in ihrem Beruf als Polizeibeamtin nie schießen zu müssen. Sie erklärt, was den Aufwind im österreichischen Frauenteam ermöglichte, warum sie Angebote aus Spanien und Deutschland abgelehnt hat, was sie von einem eigenen Frauenfußballbund hält, woran es dem Frauenfußball hierzulande fehlt und was sie von Machosprüchen wie "Fußball ist Männersport" hält.

derStandard.at: Vor allem Männer neigen dazu, Frauenfußball mit Männerkick zu vergleichen und als langsamer und technisch nicht so ausgereift zu bewerten. Stört Sie das?

Burger: Ja, das stört mich. Man soll im Sport nicht Männer und Frauen vergleichen. Das ist auch im Skisport oder beim Basketball nicht sinnvoll. Dass Frauenfußball langsamer ist als Männerfußball, wird sich nie ändern, das ist einfach körperlich bedingt. Im taktischen und technischen Bereich sind wir aber gegenüber den Männern wenig bis gar nicht hintennach.

derStandard.at: Sind Sie manchmal mit Anfeindungen nach dem Motto "Fußball ist Männersport" konfrontiert?

Burger: Das wird zum Glück weniger. Frauenfußball wird immer mehr akzeptiert. Leider gibt es aber auch Leute, die glauben, dass Frauenfußball nichts mit Sport zu tun hat oder dass Frauen nichts mit Fußball zu tun haben sollen. Die Meinung dieser Leute kann man aber nicht ändern. Das ärgert mich auch gar nicht mehr. Ich kenne viele, denen der Frauenfußball taugt, und das freut mich.

derStandard.at: Sie sind von Beruf Polizistin. Wie lassen sich Beruf und Fußballkarriere vereinbaren?

Burger: Dank meiner Vorgesetzten funktioniert das. Sie respektieren, dass ich Fußball spiele, und nehmen auch in der Dienstplanung auf meine Spiele und Trainings Rücksicht.

derStandard.at: Schießen Sie gerne?

Burger: Nein, eigentlich nicht. Beim Fußball schon, im Dienst aber hoffe ich, dass ich die Waffe nie gebrauchen muss.

derStandard.at: Wie zielsicher sind Sie mit der Waffe?

Burger: Wir haben regelmäßig Schießübungen, und da bin ich eigentlich schon eine gute Schützin und sehr treffsicher.

derStandard.at: Sie waren bereits sechsmal Schützenkönigin. Kommen Ihnen Erfahrungen aus dem Berufsleben im Fußball zugute?

Burger: Eigentlich nicht. Konzentration muss zwar sowohl beim Schießen mit der Waffe als auch beim Schießen mit dem Ball vorhanden sein, aber man kann das nicht vergleichen.

derStandard.at: Wie sind die Reaktionen Ihrer Arbeitskollegen auf Ihre ÖFB-Teamkarriere?

Burger: Großteils positiv, manche meiner Kollegen schauen auch regelmäßig zu und unterstützen mich bei den Spielen. Sie sind stolz darauf, dass ich im österreichischen Nationalteam spiele.

derStandard.at: Das ÖFB-Frauenteam liegt an 35. Stelle der Weltrangliste, zuletzt haben Sie einen sensationellen 3:1-Erfolg in der EM-Qualifikation gegen Gruppensieger Dänemark gefeiert, die Nummer zwölf der Weltrangliste, Tordifferenz vor dem Duell 25:0. Nun dürfen Sie als Gruppenzweiter weiter von der EM 2013 in Schweden träumen. Mit welcher Einstellung ist das Team in dieses schwere Spiel gegangen?

Burger: Wir haben das Erreichen des Play-offs schon gegen Tschechien klargemacht, deshalb sind wir ohne Druck und mit großer Vorfreude in das Spiel gegen Dänemark gegangen. Wir haben im tollen Stadion von St. Pölten vor über 2.000 Besuchern gespielt, haben gewusst, wir haben nichts zu verlieren, und wollten uns gut präsentieren. Dass wir dieses Spiel gewinnen konnten, war ein Wahnsinn und ein super Erfolg.

derStandard.at: Haben Sie im Vorfeld mit einer Überraschung spekuliert?

Burger: Wir gehen prinzipiell mit der Einstellung in ein Spiel, dass immer alles möglich ist. Wenn wir einen guten Tag erwischen, können wir auch mit stärkeren Gegnern mithalten, und das war in dem Fall auch so.

derStandard.at: Sie haben zwei Treffer gegen Dänemark beigesteuert und damit den Weg zum Sieg geebnet. Wie groß war die Freude, ein solches Kaliber zu bezwingen?

Burger: Schon groß, weil es viel schwieriger ist, gegen ein starkes Team zu treffen, als gegen einen Ligakonkurrenten. Aber weil wir uns sehr stark präsentiert haben, war es dann auch für mich leichter, zwei Tore zu machen.

derStandard.at: Trainer Dominik Thalhammer bescheinigt dem Team eine "phänomenale Entwicklung". Worauf ist diese zurückzuführen?

Burger: Wir haben seit vergangenem Jahr einige Lehrgänge absolviert, außerdem hatten wir vor jedem Qualifikationsmatch ein Vorbereitungsspiel. Wir haben in den Lehrgängen viel im taktischen Bereich gearbeitet und hatten das Glück, einen guten Trainer zu erwischen, der sich taktisch sehr gut auskennt und das Wissen auch gut rüberbringt. Er hat maßgeblichen Anteil daran, dass wir in letzter Zeit so erfolgreich waren. Außerdem sind wir körperlich sehr stark.

derStandard.at: Es winkt die erstmalige Teilnahme Österreichs an einer EM, sofern mit Russland die Nummer 20 der Rangliste geschlagen wird. Wie beurteilen Sie die Chancen?

Burger: Favorit ist auf jeden Fall Russland. Sie sind sicher stärker einzuschätzen als wir und haben eine super Mannschaft. Wir haben gegen die Russinnen vor ein paar Jahren 0:4 verloren, aber in den letzten Jahren hat sich einiges getan. Wir sind nicht zuletzt durch den Trainerwechsel stärker geworden und wissen, dass wir sie schlagen können, wenn alles hinhaut.

Wir können wieder ohne Druck spielen, weil wir mit dem Erreichen des Play-offs etwas geschafft haben, was es im österreichischen Frauenfußball noch nicht gegeben hat. Alles Weitere wäre eine Draufgabe. Wenn wir die EM-Endrunde erreichen, wäre das ein Traum.

derStandard.at: Träumen Sie von einer Profikarriere?

Burger: Dieser Punkt ist für mich sicher nicht abgehakt, ich bin erst 24 Jahre alt und es kann sich immer eine Möglichkeit ergeben. Mein Ehrgeiz, als Profi im Ausland zu spielen, war zuletzt allerdings nicht so groß. Aber wenn alles passt, möchte ich es nicht ausschließen. Allerdings müsste man schon bei einem Topverein unterkommen, um einen Profivertrag zu bekommen.

derStandard.at: Haben Sie Angebote aus dem Ausland erhalten?

Burger: Ich habe in den letzten Jahren Angebote aus Spanien und Deutschland bekommen, allerdings aus niedrigeren Ligen, und das war für mich nicht so interessant. Außerdem wollte ich zuerst die Polizeischule abschließen.

derStandard.at: Ist die Unterstützung des ÖFB optimal oder wäre ein eigener Frauenfußballbund wünschenswert?

Burger: Ich glaube nicht, dass ein eigener Frauenfußballbund nötig wäre. Das kann ich aber auch gar nicht richtig beurteilen, weil ich nicht weiß, wie viele Fördermittel der ÖFB für den Frauenfußball bereitstellt. Man merkt auf jeden Fall, dass das Interesse des ÖFB am Frauenfußball größer wird. Bei den letzten Spielen war der Technische Direktor Willi Ruttensteiner regelmäßig zuschauen, auch Präsident Leo Windtner war schon ein paar Mal da. Uns freut, dass wir für den ÖFB auch interessant sind.

derStandard.at: Wie sieht es eigentlich mit Siegprämien aus?

Burger: Recht viel mehr als Aufwandsentschädigungen bekommen wir nicht. Für den enormen Aufwand, den wir betreiben, ist es wenig. Wir trainieren in Neulengbach viermal die Woche und spielen am Wochenende, und das österreichweit. Im Vergleich zu uns bekommen die Herren in unteren Ligen viel mehr. Wir würden uns schon wünschen, dass wir finanziell mehr unterstützt werden, aber wahrscheinlich fehlt es da an Sponsoren.

derStandard.at: Woran hapert es im Frauenfußball in Österreich noch?

Burger: Es fehlt natürlich auch an medialer Präsenz. Dazu müssen allerdings Erfolge her, was wir natürlich auch verstehen.

derStandard.at: Und wie sieht es mit den Trainingsmöglichkeiten aus?

Burger: In Neulengbach dürfen wir uns sicher nicht aufregen, wir haben einen Sportplatz und einen Trainingsplatz. Wir kommen gut mit unseren Männern zurecht und haben keine Probleme, die Trainingszeiten zu koordinieren. Und im Nationalteam passt ohnehin alles. (Thomas Hirner, derStandard.at, 18.10.2012)