Auch wenn es nicht so ins Auge springt - es gibt nicht nur Unerfreuliches aus Österreichs geistigem und politischem Leben zu vermelden. Aus den letzten Tagen zum Beispiel das Phänomen, wie sich die österreichische Seele in der Tracht mutig und ihrer selbst bewusst nach außen wendet. Dieses Ausdrucksmittel besonders wirksam vorzuführen gelang - wenig überraschend - dem Kärntner Landesrat Harald Dobernig. Sein von milder Paranoia diktierter Ausspruch, man habe den Eindruck, dass in Kärnten mehr Slowenen als richtige Kärntner leben, wurde in der Grazer "Kleinen Zeitung" von einer Illustration begleitet, die den Heimatschützer in einem silberknopfbewehrten Janker mit weißen Viecherln auf hellblauem Stehkragen zeigte. "Österreich" übernahm von der "Kleinen" zwar das Zitat, nicht aber die Ausstattung. Hier zeigte man ihn erdiger ausstaffiert, nämlich im braunen Anzug mit grünem Stehkragen, Hirschhornknöpfe Ehrensache. In welcher Montur er vor den Abwehrkämpfern, die in den letzten zwanzig Jahren so viele Gelegenheiten ausließen, Unheil von Kärnten abzuwehren, letztlich aufgetreten ist, blieb leider unerwähnt. Man kann aber davon ausgehen, dass ein angemessen völkischer Dresscode die Kämpfernaturen für ihre Versäumnisse ausreichend entschädigte.

Den Anfang hatte zuvor "News" gemacht, mit der Behauptung, "Österreichs wahren Adel erkennt man an Erdäpfelkrone, Hopfendirndl oder Honigzepter. Hunderte Königinnen und Prinzessinnen werben für die Produkte ihrer Völker. Die Hunderte reduzierten sich rasch auf acht Hoheiten, und die Völker" ragten über den Rand des heimischen Erdkreises nicht hinaus, kurz, alles wirkte, als wäre es aus Mitteln des Lebensministeriums gestaltet. Da waltete eine "Niederösterreichische Milchkönigin" ihres Amtes am Euter, die "in ihrer Freizeit seit Mai" auch noch "Österreichs einzige Milchkönigin" ist. Ein schönes Beispiel für Erwin Prölls Durchsetzungsvermögen. "Auf der Uni werde ich manchmal ,die mit der Kuhfabrik' genannt, erzählt sie lächelnd." Soll noch einer sagen, Studenten hätten, humorlos, nichts anderes als Gebühren im Kopf!

Daneben wurde, selbstverständlich alles in Tracht, Folgendes aufgeboten: eine "Oberösterreichische Erdäpfelprinzessin mit ihrem Erdäpfeldiadem; eine Österreichische Weinkönigin - Österreichs wohl spritzigste Adelige; eine Steirische Hopfenkönigin, ihr Hopfendirndl: klarerweise eine Maßanfertigung; eine Eferdinger Mostprinzessin, ihr Job: Liebe zum Most, Lebensfreude und regionale Verbundenheit präsentieren"; eine "Narzissenkönigin, aber pssst - ihre Lieblingsblume ist die Sonnenblume; eine Österreichische Honigkönigin, auch Landwirtschaftsminister Nikolaus Berlakovich ließ sie schon von ihrem Lieblingshonig naschen" - bisher garantiert ohne bewusstseinserweiternde Wirkung. Nicht fehlen durfte schließlich eine "Vorarlberger Bierkönigin, mit feschem Dirndl an der Zapfanlage. Das passt bei einer Bierkönigin zusammen wie Hopfen und Malz!"

So viel Adel ließ das der Scholle noch tiefer verbundene Bauerntum nicht ruhen. Freitag wurde medial zurückgeschlagen. "Es dampft am Kornfeld: Für den diesjährigen Jungbauern-Kalender 2013 rekelten sich in heimischen Wäldern und auf blühenden Wiesen die feschesten Landwirte - so nackt wie noch nie", steigerte sich "Österreich" in agrarische Raserei. "Daheim ist's am schönsten: Bauern und Bäuerinnen zeigen in der Natur alles." Da wäre etwa "Knackpo Roland, hilft gern bei der Kartoffelernte". Daher wirft er sich ein Ferkel über die Schulter, der "Knackpo" darunter könnte das AMA-Gütesiegel ersetzen. Das steirische Kind "Fatima-Heike" hilft "beim Kirschenpflücken", während "Tamara am liebsten harte Feldarbeit mag" - im Eva-Kostüm, Cavalleria rusticana in Erwins own country. "Wie immer entstammen alle Jungs und Mädels ausschließlich der Landwirtschaft", und angeblich nicht der preußischen.

Der Fellner-induzierte Mangel an Tracht wurde in der "Krone" hochmoralisch ausgeglichen. Das Nackteste zum Thema war diesmal eine Kuh: Auch 2013 wird der "Jungbäuerinnen-Kalender" "Blatt für Blatt reinste Idylle mit einem Hauch Erotik bieten. Auch heuer gibt es wieder eine Edition mit feschen Männern."

Und wer hat wieder einmal etwas zu nörgeln? "Zur Zeit" musste kommen, um vor dem "Geschäft mit der Heimat: Spaßfaktor Brauchtum" zu warnen. Das Volk bleibe tümlich! Und nur keine "Einstiegsdroge" für Slowenen! (Günter Traxler, DER STANDARD, 9.10.2012)