Eric Kandel, Nobelpreisträger von 2000 für Hirnforschung, lebt in New York, kommt inzwischen gerne in seine Heimatstadt Wien zurück, aus der er 1939 vertrieben wurde. Erst kürzlich hat ihm Bundespräsident Heinz Fischer das Große Silberne Ehrenzeichen mit dem Stern für Verdienste um die Republik verliehen ("Ist das ein hoher Orden ?", fragt Kandel verschmitzt den Interviewer).

Jetzt ist der 82-jährige Kandel in Wien, um über sein neues Buch "Das Zeitalter der Erkenntnis" zu sprechen. Es handelt großteils von Wien, nämlich von der "magischen Periode" um 1900, in der es ein Zusammentreffen von Wissenschaft und Kunst gab, aus der die Moderne entstand. Diese Zeit wurde oft beschrieben, aber Kandel möchte ein Kapitel anfügen, das der Interaktion zwischen dem Geist und der Kunst, dem Gehirn als kreativem Instrument.

Kandel erläutert, dass Freud von weiblicher Sexualität nichts verstand, Klimt aber sehr wohl; darüber, was im Gehirn passiert, wenn man ein Kunstwerk betrachtet; dass Wien nur durch gezielte Zuwanderung, auch von Juden, wieder ein geistiges Zentrum wie vor über 100 Jahren werden kann; dass der Antisemitismus „besser" geworden ist; und wie u.a. auf seine Initiative der nach dem antisemitischen Bürgermeister dieser Epoche benannte Luegerring zum Universitätsring wurde.

Kandel spricht gut Deutsch, das Gespräch wurde der besseren Flüssigkeit wegen auf Englisch geführt. (Hans Rauscher, derStandard.at, 9.10.2012)