Washington/Teheran - Der Iran könnte nach Einschätzung von Experten binnen zehn Monaten eine einsatzfähige Atombombe bauen. Allerdings würde die internationale Gemeinschaft ein solches Projekt derzeit rechtzeitig bemerken, hieß es am Montag in Washington in einer Studie des gegen die Verbreitung von Atomwaffen arbeitenden Instituts für Wissenschaft und Internationale Sicherheit. Nach dem rasanten Verfall des iranischen Währung in der vergangenen Woche haben die Behörden unterdessen die Zensur der Wechselkurse weiter verschärft. Der Rial hat seit Ende 2011 mehr als 80 Prozent seines Wertes verloren. Grund ist der Mangel an Devisen und die starke Inflation in Folge der Sanktionen des Westens gegen Teheran.

Sollte der Iran den Bau einer Atomwaffe beschließen, bräuchte das Land der Studie zufolge zwei bis vier Monate, um genügend waffenfähiges Uran zu produzieren. Hinzu kämen weitere acht bis zehn Monate, um die Bombe zu bauen. Teheran habe bei seinen Bemühungen zur Urananreicherung Fortschritte gemacht, heißt es in dem Bericht des renommierten Instituts. Die USA und die Waffeninspektoren der Internationalen Atomenergie-Agentur (IAEA) würden es derzeit aber garantiert bemerken, wenn Iran Anstrengungen zum Bombenbau unternehme, hieß es weiter.

Damit bestätigen die unabhängigen Experten die von der US-Regierung immer wieder geäußerte Ansicht, dass Teheran selbst bei einer Entscheidung für den Bau einer Atombombe noch Monate davon entfernt wäre. Verteidigungsminister Leon Panetta hatte im vergangenen Monat erklärt, die USA hätten etwa ein Jahr "Reaktionszeit", wenn Iran den Bau einer Atombombe beschließe.

Rial-Verfall

Der Iran steht im Verdacht, unter dem Vorwand eines zivilen Atomprogramms nach Atomwaffen zu streben. Die israelische Regierung drohte wiederholt mit einem Präventivschlag gegen iranische Atomanlagen, um Teheran am Bau der Bombe zu hindern. Auch die USA haben einen Militärangriff als letztes Mittel nicht ausgeschlossen, Präsident Barack Obama drängt Israel aber zugleich zur Zurückhaltung. Washington setzt ebenso wie die Europäische Union derzeit vielmehr auf Sanktionen.

Wegen des rasanten Verfalls des Rial veröffentlichten Internetseiten wie Meshgal.com und Mazanex.com am Montag keinen Wechselkurs des Rial zu Dollar, Euro, Pfund oder anderen Währungen. Auch der Wert des Golds in Rial blieb offen.

Sanktionen

In den offiziellen Wechselstuben im Zentrum von Teheran lag der Wechselkurs für den Dollar bei 28.500 Rial, wie er am Samstag von der iranischen Zentralbank festgelegt worden war. Doch keine der Stuben wollte zu dem Preis Devisen verkaufen. Auf dem Schwarzmarkt lag der Kurs bei 35.000 Rial und damit knapp über dem Tiefststand in der vergangenen Woche, wo der binnen weniger Stunden um 40 Prozent auf 36.000 Rial gefallen war. Nach heftigen Protesten und Auseinandersetzungen mit der Polizei waren daraufhin vergangenen Mittwoch alle Wechselstuben für 48 Stunden geschlossen worden.

Die Europäische Union sowie die USA haben im Streit um das iranische Atomprogramm Sanktionen gegen den Bankensektor und gegen Öllieferungen des Iran verhängt. Das iranische Regime steht im Verdacht, unter dem Deckmantel eines zivilen Atomprogramms heimlich an Atomwaffen zu arbeiten. Teheran weist die Anschuldigungen zurück. (APA, 9.10.2012)