Eine Wirtsstube wie aus dem Bilderbuch, links grüßt Bacchus, aus der Ecke der Reblaus-Kanzler.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Nur der Wirt steht in der Küche.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Andreas Lang stammt aus Linz, Irina Lang aus Lettland. Kennengelernt haben sich die beiden auf jenem Traumschiff, das unsereins nur aus dem Fernsehen kennt: Sie war Kellnerin, er Küchenchef. Seit ein paar Monaten macht ein Wirtshaus in Wolfpassing ihr nunmehr auf dem Festland vertäutes Glück vollkommen.

Das Gasthaus Figl kann nicht nur mit einer verwandtschaftlichen Verbindung des Gründers zum bekannten Reblaus-Kanzler aufwarten, die durch dessen Porträt im Herrgottswinkerl dokumentiert wird. Sondern auch durch eine prachtvoll getäfelte Stube, ein atmosphärisch dichtes Gastzimmer und einen beschaulichen Hofgarten - den gibt es halt erst nächstes Jahr wieder.

Die vergangenen Jahrzehnte kehrte dem Vernehmen der örtlichen Auskenner nach hier kaum wer freiwillig zum Essen ein, was angesichts der reichhaltigen Ausweichmöglichkeiten in den umliegenden Ortschaften aber nicht weiter dramatisch schien. Mit der Schließung des ob seiner wirtshausmäßigen Pracht legendären Weißen Adlers in Königstetten freilich ist der Neuzugang doppelt erfreulich, vor allem weil die Qualität von Andreas Langs Küche den Vergleich mit den viel gerühmten Kollegen der Nachbarschaft keineswegs scheuen muss und er sein Wirtshaus auch weiterhin als solches versteht - und nicht, wie so viele andere, als haubenfreundlich aufgepudelte Landgasthaus-Kulisse.

Veltlinerfrisch gesäuert

Das äußert sich etwa in der Gestalt des Kalbsbeuschels, das als blattlvoller Suppenteller zu Tisch kommt und sich auch sonst so hemdsärmelig gibt, wie der gestandene Wirtshaussitzer sich das wünschen mag: Nicht zu fein geschnitten, dafür aber veltlinerfrisch gesäuert und auch sonst auf eine Art herzhaft mit Beuschelkräutl hergewürzt, dass ihm nicht einmal die Rauchschwaden von der Schank etwas anhaben können - sauber.

Kürbiscremesuppe wird sehr verständig als Trägermaterial für allerhand Curryaromen interpretiert, ein paar glasig gedämpfte Eismeergarnelen sorgen für Konsistenzkontraste. Die Kalbsleber ist von makelloser Frische, zartrosa und doch rauchig geröstet und in einem satten, zwiebelsüßen Majoransaftl gebadet, ganz so, wie es sein soll. Wildschweinschopf wird in ebenso komplex wie fein abgestimmter Beize geschmort, das Fleisch mürb, das Wurzelwerk noch knackig - einzig das Semmelsoufflé mit Apfel muss unter naja verbüchert werden. (Severin Corti, Rondo, DER STANDARD, 12.10.2012)