Ernst K. Weigel, Grischka Voss: gelungene Improvisationen zu Fellini. 

foto: barbara palffy

Wien - "Schlamperei!", schnauzt Grischka Voss ihren Mann Ernst K. Weigel grantig an. Auf den Theaterplakaten stehe Frederico, "aber Fellini heißt Federico. F-e-d-e-r-i-co." Peinlich sei das, so wie die ganze Idee, sich an Fellinis Film Achteinhalb abzuarbeiten. Das klinge wie "Wiener Wurschtln machen Welttheater". Außerdem hege sie den Verdacht, er benutze Fellinis Namen nur als Marketinggag, so wie ihren auch: "So wie 1998. Sobald G. Voss auf dem Programmzettel steht, rufen die Leute haufenweise an. Und sind dann herb enttäuscht, wenn sie bemerken, dass G. Voss Grischka und nicht Gert Voss heißt."

Mit erfrischender Selbstironie stochern neben dem regieführenden Ehepaar Weigel/Voss Pippa Galli, Michaela Hurdes-Galli, Kajetan Dick und Lonesome Andi Haller an den Bruchstellen von Leben und Liebe und Film und Theater. Sie brauchen nur wenige Requisiten - zwei Tische, sechs Sessel, Sonnenbrillen, Tücher - um gewitzt hohles Geschwätz zu entlarven: in Beziehungskisten daheim ebenso wie an Probenbesprechungstischen im Theater.

Nichts ist fix, es gibt kein Textbuch, jeden Abend werden sie anders gefärbt sein, die intimen Bekenntnisse, Streitereien, Liebessehnsüchte, (Alb-)Träume und Unsicherheiten. "Ich will etwas sagen, aber ich habe nichts zu sagen", heißt am Ende: "Man muss uns Künstler nur zu einem überreden: zu schweigen. Schweigen als Chance."

Doch vorher wird heftig und deftig improvisiert; um Aufmerksamkeit, Liebe und um Rollen gerungen. Auch um die des Publikums übrigens.

Das wird beim Betreten des Theatersaals, den Bühnenbild- nerin Thea Hoffmann-Axthelm einem Zirkuszelt nachempfunden hat, gecastet. Eine Vorwarnung, dass für die nächsten zwei Stunden der Boden der Gewissheit unter den Füßen weggezogen wird. Nicht nur, dass man nie sicher sein kann, ob man gerade Lebensrealitäten belauscht oder Theaterwahrheiten bestaunt. Die Bank, die den Spielplatz umrundet, ist so hoch, dass die Füße der Zuschauer zehn Zentimeter über dem Boden baumeln.

Für seinen oscarprämierten Film Achteinhalb wählte Fellini den Arbeitstitel La bella confusione. Und genau das, ein schönes Verwirrspiel ist Acht.zehn.Einhalb, das "experimentelle ex tempore" des Bernhard Ensembles über Fellinis autobiografisch gefärbtes Werk, das er selbst übrigens als ein "Mittelding zwischen einer unzusammenhängenden psychoanalytischen Sitzung und einer etwas planlosen Gewissenserforschung" beschrieb.

Man muss Felllinis Film nicht gesehen haben, um den Abend zu genießen, an dessen Ende die Schauspieler im Kreis tanzen, das Leben als jenes Fest begreifend, das es laut Fellini zu genießen gälte. (Andrea Schurian, DER STANDARD, 11.10.2012)