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Russlands ehemaliger Präsident Dmitri Medwedew 2010 mit dem aktuellen Gouverneur des Verwaltungsbezirkes Amur, Oleg Koschemjako (links). Er wurde noch von Medwedew persönlich ernannt. Am Sonntag werden erstmals seit 2004 Gouverneure wieder vom Volk gewählt. Gouverneuere sind vergleichbar mit den österreichischen Landeshauptleuten.

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Die unabhängige Oppositionelle Yevgenia Chirikova trat in Khimki nahe Moskau an. Die Umweltaktivistin, bekannt seit ihrem Kampf gegen eine Autobahn durch ein Waldgebiet in der Nähe von Moskau, hatte keine Chance gegen den Amtsinhaber, der die Putin-Partei "Vereintes Russland" hinter sich hat. Chirikova spielte auch bei den Winterprotesten gegen Putin eine wichtige Rolle.

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Bei den ersten direkten russischen Gouverneurswahlen seit acht Jahren hat die Kremlpartei Geeintes Russland ihre Machtposition gefestigt. Das gilt auch für die Abstimmungen über neue Regionalparlamente. Bei den rund 4.000 verschiedenen Urnengängen in den 77 der 83 russischen Regionen habe die Regierungspartei klar gesiegt, teilte die Wahlkommission am Montag in Moskau mit.

Die Opposition und Wahlbeobachter warfen den Behörden Manipulationen vor wie zuletzt bei den Parlaments- und Präsidentenwahlen. Die Kremlpartei wies dies zurück. Sie hielt den Regierungsgegnern vor, für das "echte politische Leben" nicht gerüstet zu sein.

Direkte Wahlen

Trotz internationaler Kritik hatte Präsident Putin 2004 diese Möglichkeit abgeschafft, um die einflussreichen Verwalter der Regionen selbst besetzen zu können. Als Ende des vergangenen Jahres Russland durch die massiven Proteste gegen Fälschungen bei der Parlamentswahl in Atem gehalten wurde, versprach der damalige Präsident Dmitri Medwedew in einer bedeutungsschwangeren Rede zur Lage die Nation den Regierungskritikern mehr demokratische Mitsprache. Umfassende Reformpläne sollten das ermöglichen, unter anderem wurde die direkte Wahl der einflussreichen russischen Gouverneure wieder eingeführt. Das Volk war besänftigt. Die "demokratische Maßnahme zur Mitbestimmung" war aber nur auf den ersten Blick ein Entgegenkommen des Präsidenten und eine  Ausweitung der demokratischen Rechte. Denn Kandidaten, die nicht die Gunst des Präsidenten genossen, haben auch weiterhin kaum Chancen auf einen der begehrten Gouverneursposten. Das neue Wahlgesetz sieht hohe Hürden für die Erlangung eines Gouverneursposten vor.

Hohe Hürden

Wer ohne starke politische Basis Gouverneur einer Region werden möchte, hat durch den "munizipialen Filter" kaum Chancen. Das neue Wahlgesetz sieht nämlich vor, dass zwischen fünf und zehn Prozent der Abgeordneten der kommunalen Parlamente den Kandidaten öffentlich unterstützen müssen. Für viele oppositionelle und unabhängige Kandidaten eine unnehmbare Hürde. "Der Filter", so der Inssbrucker Politologe und Russland-Experte Gerhard Mangott, "ist eine von mehreren Maßnahmen, die einen Kontrollverlust des Kreml verhindern und Oppositionskandidaten blockieren sollen."

Dementsprechend gelichtet war das Feld der Bewerber bei den Wahlen am Sonntag. Laut der Internetzeitung "Russland aktuell" gingen im Gebiet Nowgorod nur drei Bewerber an den Start, in Rjasan sieben – und in den anderen drei Regionen jeweils vier. Nur Wladimir Schirinowskis national-populistische LDPR habe es geschafft, in allen fünf Regionen einen Kandidaten durchzubringen. "Für die Opposition ist es darum wichtig, in Gemeinde- und Stadträte einzuziehen, um in Zukunft selbst diesen Filter einsetzen zu können", so Mangott.

Druck ausgeübt

Regionale Abgeordnete seien im Vorfeld teilweise unter Druck gesetzt worden, für keinen außer den Kreml-Bewerber Unterstützungserklärungen abzugeben. Vielfach sei Kandidaten vorgetäuscht auch bewusst ungültige Unterschriften gegeben worden sein. Erst vor der Wahlkommission wäre das den Bewerbern - zu spät - bewusst geworden. Eine Praxis, die in Russland üblich ist. "Zweifellos hat es in nahezu allen Regionen Druck auf die Abgeordneten gegeben", weiß auch Gerhard Mangott. "Zum Teil wurde aber auch mit Anreizen wie politischen Funktionen oder wirtschaftlichen Vorteilen gearbeitet."

Viele Oppositionskandidaten boykottierten aus diesen Gründen die Wahlen bewusst. Rufe nach der Streichung der Wahlhürden werden bereits laut. Die Regierung werde aber nicht darauf verzichten, weil sie Angst vor einem Kontrollverlust hat, wenn sie das Kandidatenfeld nicht vorselektieren kann, konstatiert Mangott. (red, derStandard.at, 12.10.2012)