Der Internationale Währungsfonds (IWF) verlangt von seinen 188 Mitgliedsländern regelmäßig, Teile oder gleich ihr ganzes Wirtschaftssystem umzukrempeln. Stehen aber Reformen im eigenen Haus an, geht beim Fonds selbst oft nichts voran. Deutlich wurde das erneut während der laufenden IWF-Jahrestagung in Tokio.

2010 hatten sich EU und USA nach langem Gezerre auf eine Änderung der Machtverhältnisse beim Fonds bis 2012 geeinigt. Geplant war, aufstrebenden Ländern wie China und der Türkei etwas mehr Einfluss zu geben. Im Gegenzug hätten die überrepräsentierten Europäer Stimmrechte und Anteile abgeben sollen. Allerdings ist diese Lösung auf gleich mehreren Ebenen gescheitert. Erster Streitpunkt ist die Neubesetzung des 24-köpfigen Direktoriums, des mächtigsten Gremiums im Währungsfonds. Die Europäer stellen ein Drittel der Direktoriumsmitglieder und sollten auf zwei Posten verzichten. Leichter gesagt als getan. Da große Staaten wie Frankreich und Deutschland keine Posten abgeben wollten, sollten die kleinen Staaten Europas zum Handkuss kommen. Sie bilden beim IWF sogenannte Stimmrechtsgruppen, in denen ihr Einfluss gebündelt ist, und wählen dann einen gemeinsamen Vertreter ins Direktorium. Österreich war bisher in einem Verband mit Belgien, Tschechien, Ungarn, der Türkei und fünf weiteren Ländern.

Heftiges Sesselrücken

Die Reformerfordernisse haben zu einem heftigen Sesselrücken geführt: Österreich hat Belgien die bisherigen gemeinsamen Partner aus Osteuropa abgeworben und mit ihnen eine eigene Gruppe gegründet. 60 Jahre Partnerschaft beim Fonds endeten für die beiden Länder damit in einem Scheidungskrieg. Die Schweiz hat dafür Wien im letzten Moment Polen abgeworben, dafür ist die Türkei zur neuen Osteuropagruppe dazugekommen. Am Ende dieses Geschachers ist es Europa aber immer noch nicht gelungen, zwei Posten abzugeben - durch ein komplexes Rotationssystem verzichtete man nur auf 1,6 Direktorposten. Derzeit übt die EU auf Spanien, eine derzeit vergleichsweise einfache Beute, Druck aus, um die fehlenden Stimmen zusammenzubekommen. Aus Sicht Wiens erfreulich: Durch das Gerücke wird Österreich erstmals in der Geschichte des Fonds für zwei Jahre einen eigenen Direktor stellen. Danach übernehmen die Türkei, Ungarn und Tschechien im Rotationssystem, Österreich bleibt wie bisher der Vizeposten.

Wegen der fehlenden Lösung in Europa hat der US-Kongress aber dem zweiten Teil der Reform, nämlich der Verdoppelung der Quoten, nicht zugestimmt. Die Quoten entscheiden über das Kapital des Währungsfonds und die Stimmanteile. Durch ihre Erhöhung sollte China zum drittstärksten Land innerhalb des Fonds aufsteigen. Zweiter Aspekt: 2009 wurde eine Verdreifachung des IWF-Budgets auf 750 Milliarden Dollar (582 Milliarden Euro) beschlossen, die Zusage muss aber alle sechs Monate erneuert werden. Eine ordentliche Kapitalerhöhung hätte dieses Provisorium beseitigt. Weil nun aber US-Präsidentschaftswahlen und Teilwahlen zum Kongress anstehen, ist völlig offen, ob die Amerikaner überhaupt noch mitziehen. (András Szigetvari, DER STANDARD; 13./14.10.2012)