Das TV-Duell der beiden Vizepräsidentschaftskandidaten war ein glattes Unentschieden. Müsste partout ein Sieger ermittelt werden, dann hätte Vizepräsident Joe Biden wohl knapp nach Punkten gewonnen. Und das, obwohl er in einer an sich inhaltlich ordentlichen Debatte ungehobeltes Benehmen mit Härte in der Sache verwechselte. Im weiteren Verlauf des US-Präsidentschaftswahlkampfes mag das einige noch unentschlossene Wähler von den Demokraten entfernen, aber wirklichen Einfluss auf den Wahlausgang wird es nicht haben.

Biden jedenfalls hat seinen Job erledigt und die deplorable Leistung seines Chefs in der vergangenen Woche in Vergessenheit geraten lassen. Ryan dagegen hat dem alten Debattier-Schlachtross der Demokraten widerstanden und die republikanischen Punkte gut angebracht. In der Tat konnten sich die Wähler eine Meinung über die politischen Zugänge der beiden Parteien bilden.

Den Sack zumachen müssen aber dennoch Mitt Romney und vor allem Präsident Barack Obama. Er, der Hobby-Basketballer, hat drei Freiwürfe für den Wiedereinzug ins Weiße Haus. Den ersten hat er mit bemerkenswerter Gleichgültigkeit vergeben. Das hat seinem Gegner wieder Möglichkeiten eröffnet. Laut den gefinkelten Berechnungen der New York Times bleibt er dennoch mit einer Wahrscheinlichkeit von zwei zu eins Favorit für den Wahlsieg - voraus gesetzt, er verwandelt Freiwurf zwei und drei. (DER STANDARD, 13.10.2012)