Der eine erklärt - selbst einen nordslowenischen Namen tragend - die Slowenen zu den ganz falschen Kärntnern. Dem Zweiten ist quasi amtlich bescheinigt, die Folgen seiner Taten leider nicht ausreichend abschätzen zu können, eine Tatsache, die zwar einige intellektuell Herausgeforderte betrifft, aber eventuell und nach dem Hausverstand, den hier seit Jahren keiner mehr zu Besuch eingeladen hat, besser nicht einem Landesvater bestätigt werden sollte.

Der Dritte glaubt, sein Bruder sei eine Fliege, und alle drei machen trotz ständiger Neuwahlversuche leider keine solche. Der Rest hat schon lange aufgehört, sich darüber zu wundern, wie innerhalb der Republik ein Staat im Staat entstanden ist. Eine echte Parallelgesellschaft sozusagen. Genau genommen kein Staat im Staate, sondern mehr ein Irrenhaus im Staate. Aber wir wollen auch hier wieder ein Auge zudrücken, zuerst einmal das rechte, und dann eventuell sogar alle beide.

Das, was das offene Auge zu sehen bekommt, ist keinesfalls hübsch. Da stößt man schnell an Sicht- und Geschmacksgrenzen. Das Thema Grenze ist allerorten. Man müsse die Grenzen wahren, meint man, aber man meint leider nie die Grenze des Anstands, sondern meist die Grenze des Brettes, das einem vor der Stirn aufmontiert wurde und das aus festem Eichenholz scheint. Eine massive Qualitätsarbeit jedenfalls. Und wenn wir schon bei Grenzen sind: Das Gegenteil der Grenze ist bekanntlich die Grenzenlosigkeit. Diese kann nicht nur Freude oder Inspiration, sondern auch die Chuzpe betreffen.

Als am 3. 10. der 9. Zeitgeschichtetag 2012 mit dem Motto "Grenzenlos" in der Voestalpine Stahlwelt feierlich eröffnet wurde, hielten der Gastgeber, die Veranstalter, der Wissenschaftsminister und der Bundespräsident je eine Ansprache. Während alle anderen von Vorteilen der Grenzenlosigkeit in Wissenschaft, Kultur und internationalen Kooperationen sprachen, von Verantwortung, der Zeitgeschichte und unserer Vergangenheit, besonders die dunkleren Kapitel der Vergangenheit von Linz und Voestalpine, sprach Herr Töchterle in einigem Widerspruch zu dem Titel dieser für Österreich wichtigen, jedoch vom Wissenschaftsministerium 2012 nicht geförderten und offenbar auch weiterhin nicht subventionierten Veranstaltung launig von den Grenzen, die man aufgrund der sich radikalisierenden Muslime beachten sollte.

Dazu bemühte er den Mohammedfilm und die zugehörigen Proteste. Die in Statistiken erwiesene Radikalisierung der eigenen Bevölkerung thematisierte er mit keinem Wort. Interessanterweise siedelte er diese Grenze in der Ägäis an, was bei mir gewisse Erinnerung an Susanne Winter weckte. Da fragt man sich wirklich, wo die Grenze bleibt.  (Julya Rabinowich, Album, DER STANDARD, 13./14.10.2012)