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Die Grundbuchgebühren sollen bei Schenkungen oder Erbschaften künftig vom Verkehrswert des Grundstücks berechnet werden, während bisher der dreifache Einheitswert zum Tragen kam.

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Wien - Mit der geplanten Umstellung und der - von Justizministerin Beatrix Karl bestrittenen - massiven Erhöhung der Grundbuchskosten wird Österreich seinen überlegenen Spitzenplatz bei den Gerichtsgebühren wohl deutlich ausbauen.

Laut einer Europarat-Studie ("European judicial systems") vom September diesen Jahres ist Österreich bereits jetzt das einzige Land, das mehr über Gerichtsgebühren einnimmt, als das Justizsystem an Kosten verursacht. Der Staat macht mit Gerichten und Staatsanwaltschaften dank der kräftigen Beiträge von Bürgern und Unternehmen "einen Profit", wie der Bericht festhält.

Staat würde profitieren

Konkret betragen die Einnahmen hierzulande 109 Prozent des Aufwandes. Damit ist der Kostenabdeckungsgrad durch Gebühren doppelt so hoch wie im auf Platz zwei rangierenden Malta. Der EU-Durchschnitt liegt bei 22,3 Prozent, das "billigste" Land ist Schweden mit 0,8 Prozent (siehe Grafik). Dabei beziehen sich die Zahlen auf das Jahr 2010, in der Zwischenzeit sind die Eintragungsgebühren im Grundbuch bereits um zehn Prozent und auch andere Tarife erhöht worden.

Die Behauptung Karls, die durch ein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs VfGH angestoßene Reform bringe keine Mehreinnahmen, kann trotz der jüngsten Zugeständnisse der Ministerin von Experten nicht nachvollzogen werden.

Im Kern geht es darum, dass die Gebühren bei Schenkungen oder Erbschaften künftig vom Verkehrswert des Grundstücks berechnet werden müssen, während bisher der dreifache Einheitswert zum Tragen kam.

170.000 Übertragungen pro Jahr

Der beträgt in der Regel ein Sechstel des am Markt erzielbaren Preises für Liegenschaften. Nur Übertragungen innerhalb der Familie und in der Landwirtschaft werden auch künftig am Einheitswert bemessen. Laut Wirtschaftskammer kommt es jährlich zu 170.000 Übertragungen, von denen die begünstigten "nur wenige Sonderfälle" betreffen. Umgekehrt dürfte die Ermittlung des Verkehrswertes und dazu notwendiger Schätzungen den bürokratischen Aufwand deutlich erhöhen. Der Rechnungshof kritisiert, dass die "Neuregelung eine Mehrbelastung der Gerichte" bringen werde, der steigende Personal- und Sachaufwand aber in den Erläuterungen zum Entwurf "nicht dargestellt" worden sei.

Zudem müssen nur für die Entrichtung der Grunderwerbsteuer und der Gebühren unterschiedliche Bemessungsgrundlagen herangezogen werden, was den Verwaltungsaufwand zusätzlich erhöhe. Das sah die Regierung vor einem Jahr auch noch so, wie sie im Verfahren vor dem VfGH betonte: Die mit der Abstellung auf den Verkehrswert notwendigen Schätzungen der Grundstücke "stellen einen unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand dar".

Immobilienwerte differieren

Ein Jahr später sind diese Einwände plötzlich verpufft. Zwar will Karl Schätzungen vermeiden, indem Immobilienpreisspiegel, Fotos und andere Dokumentationen zur Bewertung herangezogen werden können. Doch so einfach dürfte es nicht gehen: Immobilienwerte können selbst bei ähnlicher Lage und Größe deutlich differieren, "ein Nachschauen vor Ort wird wohl nicht zu vermeiden sein", heißt es in der Stellungnahme der Finanzprokuratur. Vernichtendes Urteil der Behörde: "Von der verwaltungsökonomischen Vereinfachung der Vollziehung, eines der erklärten Ziele dieser zu begutachtenden Novelle, kann folglich nicht die Rede sein."

Daneben gibt es massive verfassungsrechtliche Bedenken gegen Karls Entwurf. So wird bei den begünstigten Übertragungen weiterhin auf den Einheitswert abgestellt, der völlig veraltet ist und vom Verfassungsgerichtshof als Zufallswert bezeichnet wird. Der Verfassungsdienst im Bundeskanzleramt bezweifelt daher, dass der vom " VfGH eingeräumte Gestaltungsspielraum" mit der teilweisen Fortschreibung der Einheitswerte "nicht überschritten wird". Zudem ortet er eine Schlechterstellung der Familien gegenüber Betrieben und Landwirtschaft, weil Letztere im Unterschied zu Familien keinen dringenden Wohnbedarf für die Begünstigung nachweisen müssten.

Kosten außer Acht gelassen

Freilich wären bei der Festlegung der Gebühren auch ganz andere Wege möglich. Die Verfassungsrichter haben festgestellt, dass sich die Tarife nicht nach dem Grundstückswert, sondern nach den von der Eintragung verursachten Kosten bemessen ließen. Dementsprechend weist die Wirtschaftskammer in ihrer Stellungnahme zur geplanten Novelle darauf hin, dass die Einbücherung einer 60 Quadratmeter großen Wohnung und eines 400 Quadratmeter großen Penthauses in etwa gleich viel kosten. Es würde eher dem Prinzip einer Gebühr entsprechen, wenn sich die Höhe an den Kosten des Verwaltungsaktes orientiere. (Andreas Schnauder, DER STANDARD, 15.10.2012)