Das Innenministerium hält nach dem Fiasko mit dem Errichterkonsortium master-talk am Projekt eines Digitalfunknetzes Adonis (Austrian Digital Operating Network for Integrated Services) fest. "Adonis wird es geben", bekräftigte eine Sprecherin des Innenministeriums. Die in der Vorwoche beschlossene Vertragsauflösung mit master-talk werde das Projekt nicht weiter verzögern. "Eine Verzögerung um ein halbes bis ein Jahr wäre sowieso eingetreten", sagte die Sprecherin mit Verweis auf technische, aber auch personelle Probleme, die sich mit master-talk schon seit Monaten entwickelt hätten.

Keine zeitlichen Prognosen

Der technische Projektleiter Manfred Blaha wollte sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt auf keine zeitlichen Prognosen einlassen. Es gebe eine klare Aussage von Innenminister Ernst Strasser (V), dass das digitale Funknetz dringend notwendig sei. Derzeit sei man in der Analysephase und könne über die weitere Vorgangsweise noch nichts sagen. Blaha sprach von einer "Quadratur der Möglichkeiten". Es gebe mehrere Angebote, das Projekt zu realisieren. Der bei der Vergabe im Vorjahr unterlegene Bieter Motorola hat beim Innenministerium bereits eine Lösung für eine freihändige Vergabe deponiert, ist der APA bekannt. Damit könnte eine zeitaufwändige Neuausschreibung vermieden werden, was von Juristen jedoch als kaum umsetzbar betrachtet wird. Interesse hat laut Blaha auch der Eurofighter-Lieferant EADS bekundet, der in die Gegengeschäftsplattform für die Abfangjäger eingebunden werden könnte.

Viel zu früh

"Das ist alles noch viel zu früh", sagte Blaha. Wenn man von Null beginne, stünde mindestens eine Handvoll von Technologien zur Verfügung. Als Anbieter einschlägiger Technologien gelten neben Motorola und der Siemens-Tochter Rohde & Schwartz auch Nokia, die von der französischen Thales übernommene britische Racal und die österreichische Frequentis.

Dass das Vergaberecht seit der Auftragsvergabe an master-talk im Vorjahr geändert wurde, macht die Situation nicht gerade übersichtlicher. "Wir prüfen derzeit, wie wir uns vergaberechtlich bewegen können", so Blaha. Ein Kuriosum offenbart sich dabei auf EU-Ebene. Die Normungsbehörden in Brüssel haben den europäischen Standard für digitalen Bündelfunk "Tetra" festgesetzt, auf dem das bisher geplante österreichische Adonis-Netz beruht. Die Wettbewerbskommission verlangt jedoch, dass Ausschreibungen nicht nur den Tetra-Standard berücksichtigen dürfen, sondern auch andere, Nicht-EU-Standards einbeziehen müssen.

"Jetzt fehlt das Geld und Adonis gibt es nicht"

Dass die Zeit für das Innenministerium drängt, ist aus verschiedenen Bundesländern zu hören. Niederösterreich, Oberösterreich, Tirol und Kärnten sollen eigene (Insel-)Lösungen für ihre Blaulichtorganisationen planen, falls es nicht rechtzeitig zu einem bundesweiten Digitalsystem kommt. Zwischen zwei Sesseln sitzt die Gendarmerie, heißt es. Sie habe eine dringende Erneuerung ihres Funknetzes für damals 1,5 Mrd. S (rund 110 Mio. Euro) in der Hoffnung auf "Adonis" unterlassen. "Jetzt fehlt (wegen der Budgetkürzungen) das Geld und Adonis gibt es nicht", sagte ein Beobachter zur APA.

Dem Auftrag an master-talk zufolge sollte ein digitales Teilnetz heuer im September für Niederösterreich in Betrieb gehen und bis Anfang 2004 für Tirol und das Burgenland. Die für das Jahr 2005 geplante Fertigstellung des bundesweiten Netzes könnte aber noch zu schaffen sein. "Im Herbst müsste aber etwas passieren", sagte Blaha dazu.

Klage

Juristen sind derzeit am Tüfteln einer Klagsformulierung, die seitens Siemens gegen das Innenministerium wegen des gescheiterten Projekts eingebracht werden soll. Laut Vertrag wird ein Schiedsgerichtsverfahren einzuleiten sein, für das die beiden Streitpartner je einen Schiedsrichter nominieren und sich auf einen Vorsitzenden einigen sollen. Siemens-Vorstandsdirektor Franz Geiger erklärte am Donnerstag der APA, dass sich Siemens bei einer allfälligen Neuausschreibung des Blaulichtfunksystems mit der Technologie von Rohde & Schwartz wieder bewerben würde.(APA)