Wien - "Kleinbauern sind weltweit das Rückgrat der Landwirtschaft. Sie produzieren den größten Teil der Lebensmittel und haben dabei mit massiven Problemen zu kämpfen", erläutert Hartwig Kirner, Geschäftsführer von Fairtrade Österreich bei einem Hintergrundgespräch. Aufgrund seiner ausgedehnten Reisetätigkeit im Rahmen der Einkaufsgenossenschaft Fairtrade weiß er aber, dass es seit einiger Zeit eine ganze Reihe von internationalen Entwicklungen gibt, die der bäuerlichen Landwirtschaft das Wasser abgraben. So komme es zu dem paradoxen Faktum, dass 70 Prozent der Hungernden weltweit in der Lebensmittelproduktion tätig sind.

Eigentum an Grund und Boden sei in vielen Ländern, etwa in Afrika oder in Lateinamerika, keinesfalls abgesichert, erläutert Kirner, insbesondere dann, wenn das Interesse internationaler Konzerne - Stichwort Landgrabbing - geweckt wurde. Sehr oft wirtschaften diese nicht ökologisch-nachhaltig. "Ich habe im Senegal gesehen, wie bei 30 Jahren Erdnussanbau immer stärker Düngemittel eingesetzt werden mussten. Da wuchs irgendwann nichts mehr." Gleichzeitig aber wurde die Lebensgrundlage der lokal ansässigen Bauern untergraben, konnten diese doch im Wettbewerb mit den Großanbietern, die zu konkurrenzlos niedrigen Preisen herstellten, nicht bestehen.

Liberalisierung

Auch die in den letzten Jahren stattgefundene Liberalisierung des Welthandels wirke direkt auf Kleinbauern in der südlichen Hemisphäre ein. Ein Beispiel Kirners: Eine Tonne Geflügelteile aus der EU, die nach Kamerun ging, vernichtete laut Studien dort rund fünf Arbeitsplätze. Denn diese Geflügelteile - Teile, die der europäische Konsument nicht so goutierte - wurden lange Jahre exportiert. Gestützt durch EU-Subventionen, konnten die Exporte konkurrenzlos billig auf den außereuropäischen Märkten, etwa in Afrika, abgesetzt werden. Die Welthandelsorganisation WTO verbot schlussendlich diese Praxis der EU-Exportsubvention. "Freihandel ist per se nichts Schlechtes, aber es braucht Einschränkungen", plädiert Kirner für Schutz des schwächeren Teils einer Handelsbeziehung.

In genossenschaftlichen Kooperationen könnten sich die Kleinbauern, die manchmal über nicht mehr als zwei Hektar Grund verfügen (zum Vergleich: In Österreich, das auch klein strukturiert ist, liegt die Durchschnittsgröße bei 19 Hektar), besser gegen schwankende Preise bei Rohstoffen und Energie absichern. Der Zugang zu Finanzmitteln wird im Rahmen einer Kooperative erleichtert und die Verhandlungsmacht gegenüber großen Abnehmern verbessert. (Johanna Ruzicka, DER STANDARD, 15.10.2012)