Wien - "Nachrichtenagentur dapd ist pleite" - diese Meldung schlug Anfang Oktober wie eine Bombe in der Agenturwelt ein. Der deutsche Nachrichtenagenturmarkt gilt als der am härtesten umkämpfte weltweit, die dapd hatte die Branche in den vergangenen Jahren durcheinandergewirbelt und der Konkurrenz ordentlich zugesetzt. Schwer tun sich Nachrichtenagenturen derzeit aber in ganz Europa. Etliche staatliche Agenturen kämpfen indirekt mit den Folgen der Euro-Schuldenkrise, genossenschaftlich organisierte Nachrichtenanbieter im Eigentum der Tageszeitungen müssen wegen des Medienwandels und der schwächelnden Konjunktur ihre Tarife nach unten anpassen.

Die meisten Nachrichtenagenturen in Europa haben derzeit "massive Aufgaben zu lösen, um das Kerngeschäft - einen qualitativ hochwertigen Nachrichten-Basisdienst - zukunftsfit zu machen", erklärt Peter Kropsch, APA-Geschäftsführer und seit kurzem Präsident der Europäischen Nachrichtenagenturen, im Gespräch mit der APA. Die deutsche dpa hat sich etwa durch "sparsames Wirtschaften", wie es die dortige Geschäftsführung nannte, wieder in die schwarzen Zahlen gespart. Sinkende Zeitungsauflagen und der beinharte Wettbewerb mit dapd und anderen deutschsprachigen Agenturdiensten setzten dem Platzhirschen in den vergangenen Jahren zu. Kosten und Personalstand runter sowie neue innovative Dienste und Leistungen waren die Antwort auf dieses schwierige Umfeld. Die von Finanzinvestoren geführte dapd übernahm sich währenddessen nach Meinung von deutschen Branchenkennern mit einer "aggressiven" und "offensichtlich überdrehten Expansion".

Die skandinavischen Nachrichtenagenturen stehen ebenfalls unter Druck. In Dänemark hat etwa das zur internationalen Mediengruppe Mecom gehörende Verlagshaus Berlingske Media im Vorjahr die Verträge mit der Nachrichtenagentur Ritzau gekündigt und eine eigene Inhouse-Agentur gegründet. Ritzau ist damit auf nationaler Ebene ein großer Brocken des Marktes weggebrochen.

"Gedrücktes Marktumfeld"

Das "gedrückte Marktumfeld" war vor zwei Jahren auch der Grund für ein rigoroses Sparprogramm bei der Schweizer Depeschen Agentur sda. Mit Einsparungen bei den Personalkosten und Beteiligungen kam man wieder in die schwarzen Zahlen und konnte die "Basis für eine bessere Zukunft" legen, wie es hieß.

Mit schwindender finanzieller Basis und Sparprogrammen haben sich unterdessen aktuell eine Reihe von staatlichen Nachrichtenagenturen wie die griechische ANA, die italienische ANSA, die spanische EFE oder die portugiesische Lusa auseinanderzusetzen. Die ANSA hat deshalb vor einige Monaten bereits ihr Wien-Büro geschlossen. Der Großteil der Nachrichtenagenturen weltweit sind staatliche Agenturen, die Finanzierung erfolgt zu maßgeblich über die jeweiligen Staatsbudgets. Diese Budgets würden nun vor dem Hintergrund der Finanzkrisen gekürzt, berichtet EANA-Präsident Kropsch.

Aber auch außerhalb Europas ist das Agenturgeschäft hartes Brot. Die genossenschaftlich organisierte US-amerikanische AP etwa, eine der größten Nachrichtenagenturen weltweit, musste in den vergangenen Jahren immer wieder den Sparstift ansetzen und Büros schließen, der deutsche Dienst wurde an die ddp verkauft und als dapd weitergeführt. Die börsennotierte britische Reuters suchte ihr wirtschaftliches Heil im Zusammengehen mit dem kanadischen Medienkonzern Thomson. Die negativen Folgen des Medienwandels bekam im Vorjahr die neuseeländische Nachrichtenagentur New Zealand Press Association (NZPA) zu spüren. Wegen der zunehmenden Medienkonzentration im Land musste der Nachrichtendienst nach 131 Jahren dicht machen.

Geschäfsfelder außerhalb des klassischen Geschäfts

Deutlich besser geht es da jenen Agenturen, die bereits früh damit begonnen haben, Geschäftsfelder außerhalb des klassischen Geschäfts mit Nachrichten für Medien zu entwickeln. Die englische Press Association betreibt etwa einen von Europas größten Wetterinformationsdiensten, und die österreichische APA hat sich schon vor Jahren in Richtung Rechtehandel, Medienbeobachtung, Analyse und technischer Dienstleistungen entwickelt. "Letztlich geht es immer darum, in Märkte zu gehen, wo das Unternehmen noch wachsen kann und mit seinen Fähigkeiten einen Vorteil hat. Gelingt dies, profitiert davon auch das Kerngeschäft", so Kropsch. Und im Kerngeschäft gehe es vor allem darum, alle gängigen Nachrichtenkanäle multimedial zu bespielen.

Letztlich bleibt aber auch die APA vom Medienwandel und seinen wirtschaftlichen Auswirkungen nicht verschont. Das Wachstum im Medienbereich hat sich verflacht. Um wesentliche Kunden bei der Stange zu halten, gab es zu Beginn des Jahres eine Tarifreform, die im Ergebnis 800.000 Euro gekostet hat. Innerhalb von drei Jahren will man nun die Personalkosten reduzieren und die Verluste im Bereich Nachrichtenagentur wieder ausgleichen. Kernaufgabe der nächsten Jahren werde für alle Nachrichtenagenturen die "Sicherstellung der Finanzierung", erklärt APA-Geschäftsführer Kropsch. "Nur eine funktionierende wirtschaftliche Basis garantiert qualitativ hochwertigen Journalismus und Unabhängigkeit als Voraussetzung dafür." (APA, 16.10.2012)