Prag - Die tschechischen Sozialdemokraten (CSSD) erwägen, den seit 1995 geltenden Parteitagsbeschluss aufzuheben, der ihnen die Bildung von Regierungskoalitionen mit den Kommunisten (KSCM) auf nationaler Ebene verbietet. CSSD-Chef Bohuslav Sobotka sagte laut der Nachrichtenagentur Mediafax, falls die linken Parteien eine Mehrheit bei den kommenden Parlamentswahlen erzielten, "dann wird es zweifelslos einer Debatte wert".

Auch der CSSD-Vizechef und südmährischer Kreishauptmann Michal Hasek sagte im Tschechischen Fernsehen, die Sozialdemokraten stünden vor einer ernsthaften Diskussion darüber, ob man den bestehenden Beschluss gegen jeden Pakt mit den Kommunisten adaptieren, beibehalten oder aufheben solle. Eine Debatte erwartet Hasek noch vor dem nächsten CSSD-Parteitag im März 2013. Planmäßig wird 2014 das nächste Mal in Tschechien gewählt.

Wäre erste Regierungsbeteiligung seit 1989

Sollten die Sozialdemokraten das Koalitionsverbot mit den Kommunisten abschaffen, könnte die Partei nach den Parlamentswahlen erstmals seit 1989 direkt an der Regierung beteiligt werden. Bereits nach den Regionalwahlen 2008 hatte die CSSD in drei Regionen direkte oder indirekte Koalitionen mit der KSCM gebildet. Nach den Regionalwahlen vom vergangenen Wochenende, die für die Linksparteien ein Erfolg waren, wollen CSSD und KSCM diese Zusammenarbeit auf weitere Regionen ausweiten. In zwei Regionen - dem Karlsbader Kreis und Aussiger Kreis - haben sogar die Kommunisten gewonnen und werden so höchstwahrscheinlich erstmals Kreishauptmänner stellen.

Die CSSD hatte für sich das Verbot einer eventuellen Regierungszusammenarbeit mit der KSCM 1995 auf dem Parteitag im nordmährischen Bohumin beschlossen. In dem Dokument ist von extremistischen Parteien die Rede, womit vor allem die Kommunisten und die rechtspopulistischen Republikaner gemeint waren. An der Spitze der Sozialdemokraten stand damals Milos Zeman, späterer Regierungschef und nun Kandidat für das Amt des Staatspräsidenten. Sollte die CSSD nun ihr Koalitionsverbot abschaffen, wäre sie die einzige Parlamentspartei, die zur Bildung einer Regierungskoalition mit den Kommunisten bereit wäre. (APA, 16.10.2012)