Innsbruck - Nach dem Vorstoß von Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) für eine Gesamtschule für alle Zehn-bis 14-Jährigen hat die Tiroler Arbeiterkammer Südtirol als Vorbild in dieser Frage dargestellt. Dort sei die gemeinsame Schule seit dem Jahr 1962 Realität und habe auch zu besseren Ergebnissen, etwa bei den vergangenen Pisa-Tests, geführt, meinte Tirols AK-Präsident Erwin Zangerl (ÖVP) am Dienstag bei einer Pressekonferenz in Innsbruck.

"Wir differenzieren zu früh"

Zangerl argumentierte, die Pisa-Studie 2009 habe etwa ergeben, dass 31 Prozent der 15-Jährigen in Tirol am Ende der Schulpflicht nur unzureichend sinnerfassend lesen können, in Südtirol jedoch nur 18 Prozent. Bei den Burschen seien es in Tirol sogar 41 Prozent, die zur "Leserisikogruppe" zählten, erklärte Zangerl. "Das Modell in Südtirol mit einer fünfjährigen 'Grundschule' und einer dreijährigen Mittelschule funktioniert bestens. Alle profitieren davon. Wir hingegen differenzieren zu einem zu frühen Zeitpunkt", sagte der AK-Präsident. Die Kinder könnten schließlich am Ende der Volksschule noch nicht ausreichend wissen, wo ihre Talente und Begabungen liegen.

"Nivellierung nach oben"

Der Sozialforscher Günther Ogris, dessen SORA-Institut im Auftrag der Arbeiterkammer eine Studie über die Ursache dieser unterschiedlichen Schülerleistungen in Nord- und Südtirol erstellte, meinte, in Südtirol finde durch die Gesamtschule eine "Nivellierung nach oben" statt. Bei den südlichen Nachbarn würden auch das Platzangebot je nach Bedarf stets erweitert und die "Lehrer zu den Schülern" gebracht anstatt umgekehrt. "Es gibt vieles, was wir uns abschauen und übernehmen können", fügte der Leiter der Bildungspolitischen Abteilung der AK Tirol, Erwin Niederwieser, hinzu. Niederwieser sitzt in jener Expertengruppe, die das Land Tirol für die Ausarbeitung des Tiroler Pilotprojekts in Sachen Gesamtschule eingesetzt hatte. (APA, 16.10.2012)