Bild nicht mehr verfügbar.

Foto: Reuters/Schwarz

Wenn Opposition, Wahlvolk und deutsche Medien sich dieser Tage mit Annette Schavan (CDU) befassen, kommt kaum jemand ohne das Wörtchen "ausgerechnet" aus. Ausgerechnet die deutsche Ministerin für Bildung und Wissenschaft soll 1980 bei ihrer Doktorarbeit abgeschrieben haben! Und das ausgerechnet bei einer Arbeit zum Thema "Person und Gewissen"!

Heute, Mittwoch, wird der Promotionsausschuss der Uni Düsseldorf beraten und dann eine Empfehlung an den Fakultätsrat formulieren. Eines ist jedoch klar: Sollte Schavan ihren Doktortitel verlieren, wird Kanzlerin Angela Merkel sie nicht als Ministerin halten können.

Es wäre kein schönes Szenario, denn Schavan ist eine der engsten Vertrauten in Merkels Kabinett. Ursprünglich stammt die heute 57-Jährige aus Nordrhein-Westfalen, wo sie in Bonn und Düsseldorf auch studierte (Erziehungswissenschaft, Philosophie und katholische Theologie).

Ihre Karriere hat sie aber - sowohl in der Partei als auch in der Regierung - über die CDU Baden-Württemberg gemacht. 1996, da war Helmut Kohl noch deutscher Bundeskanzler, wird Schavan in den CDU-Landesvorstand gewählt, zwei Jahre später wird sie CDU-Vizechefin. Dieses Amt hat sie immer noch, will aber im Herbst beim Parteitag nach 14 Jahren nicht erneut antreten.

Amtsmüdigkeit wird ihr nachgesagt, auch eine gewisse Resignation. Bis heute knabbert die stille und zurückhaltende Schavan an den Ereignissen von 2004. Da ist sie in Baden-Württemberg Ministerin für Kultus, Jugend und Sport. Als der langjährige Regierungschef Erwin Teufel abtritt, will ihn Schavan mit Merkels Hilfe beerben.

Doch die kinderlose, ledige Politikerin kann sich im konservativen Südwesten nicht gegen Günther Oettinger durchsetzen - erst recht nicht, als Gerüchte gestreut werden, sie sei lesbisch. 2005 holt Merkel Schavan nach Berlin und handelt damit nicht untaktisch: Die tiefgläubige Schavan engagiert sich im Zentralkomitee der Katholiken, deckt also jenes Segment ab, das gelegentlich mit Protestantin Merkel fremdelt.

Wie eng die beiden sind, ist auch auf Youtube zu sehen. Ein Video zeigt Merkel und Schavan bei der Computermesse Cebit in Hannover. Sie lauschen einer Rede, als Merkel eine SMS bekommt: Guttenberg wegen Plagiatsvorwürfen zurückgetreten. Wortlos reicht Merkel das Handy an Schavan, dann grinsen beide fast ein wenig hämisch. (Birgit Baumann /DER STANDARD, 17.10.2012)