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Johannes Dotter, lange Jahre bei der Porr und seit Jahresbeginn Alpine-Chef, trat zurück. Es folgt ein Spanier.

Foto: APA/fohringer helmut

Wien/Madrid - Für den überraschenden Rücktritt von Alpine-Chef Johannes Dotter, der erst seit Jahresbeginn den Baukonzern leitet, gibt es für Branchenkenner die Theorie: Dotter wurde Opfer seiner eigenen Taktik. Er selbst hat jenes vernichtende Gutachten der Wirtschaftsprüfer KPMG in Auftrag gegeben, dessen Veröffentlichung der Alpine-Eigentümer, der spanische Infrastrukturkonzern FCC, schließlich als mangelnde Loyalität interpretierte. Andere berichten, die spanische Mutter FCC habe von Dotter verlangt, dass er etwas Positives zu Marktberuhigung veröffentlichen solle, was dieser aber ablehnte.

Nach Standard-Informationen wollte FCC, dass die heimischen Banken der hochverschuldeten Alpine 200 Mio. Euro nachlassen. Laut Profil online verlangten die Gläubigerbanken ihrerseits - allen voran Erste Group, Raiffeisenlandesbank Oberösterreich und UniCredit Bank Austria - von FCC einen Sanierungsbeitrag von 150 Mio. Euro ab, den die FCC aber vorerst nicht leisten könne oder wolle. Dem Vernehmen nach hat die Alpine in den vergangenen fünf Wochen keine Rechnungen mehr bezahlt.

Und so hieß es dann auch in einer Stellungnahme der FCC am Mittwoch: "Johannes Dotter hat die gemeinsam vereinbarte Konzernstrategie verlassen. Alejandro Tuya und Enrique Sanz werden diese als Geschäftsführer der Holding weiter konsequent umsetzen." Tuya ist derzeit stellvertretender Vorsitzender im Alpine-Aufsichtsrat, Sanz zweiter Geschäftsführer neben dem scheidenden Dotter. Damit leiten zwei Spanier, die kein Deutsch sprechen den Baukonzern. Im Aufsichtsrat sitzt übrigens noch die frühere österreichische EU-Kommissarin Benita Ferrero Waldner.

KPMG zufolge drohen der in Salzburg beheimateten Alpine heuer Wertberichtigungen von 300, möglicherweise sogar 400 Mio. Euro. Unter Einrechnung der Wertberichtigungen werde für 2012 ein negatives Ergebnis vor Steuern in der Höhe von 263 Mio. Euro erwartet. Laut KPMG war das bilanzierte Vermögen der Konzern-Dachgesellschaft Alpine Bau zum 31. Juni 2012 mehr als aufgebraucht. Das Eigenkapital war demnach mit 138 Mio. Euro negativ.

Aufträge gestoppt

Wie es mit der Alpine weitergeht wird wohl auch davon abhängen, wie liquid die Mutter ist und welche Garantien diese hat. Die Stuttgarter Zeitung berichtet bereits, dass erste Auftraggeber in Deutschland die Vergabe eines Planungsauftrags an die Alpine zum Bau für ein Kongresszentrum gestoppt hätten.

Die FCC stellte sich jedenfalls hinter Alpine und versuchte zu beruhigen: "Als Präsident und CEO der FCC-Gruppe möchte ich allen Mitarbeitern, Kunden und Lieferanten der Alpine die volle Unterstützung zusichern", sagte Baldomero Falcones, der auch Aufsichtsratschef der Alpine Holding ist. Die Alpine sei ein wichtiger Teil der Gruppe. Inoffiziell erfuhr der Standard in Madrid, dass die FCC Alpine "unter keinen Umständen fallen lassen, verkaufen oder gar liquidieren" werde. Die FCC werde die Liquidität der Alpine garantieren: "Die Banken müssen sich des Rückhalts seitens der FCC bewusst sein."

FCC-Mehrheitseigentümerin ist die spanische Milliardärin Esther Koplowitz, die rund 53 Prozent der FCC hält.

FCC hat weltweit über 90.000 Mitarbeiter in den Bereichen Bau, Infrastruktur, Energie, Immobilien, Abfall- und Wasserwirtschaft. Im Vorjahr setzten die Spanier 11,7 Mrd. Euro um, davon kamen 3,6 Mrd. von der Alpine. Der Gewinn fiel mit 108 Mio. Euro angesichts von Verbindlichkeiten von 6,65 Milliarden Euro (Stand Juni 2012) bescheiden aus.

Nicht nur die heimischen Banken wollen Geld von der FCC: Die spanische Großbank BBVA wollte die FCC dazu bewegen, bei ihrer Tochter, dem Zementhersteller Cementos Portland, Schulden im Volumen von 1,4 Mrd. Euro zu refinanzieren, biss aber auf Granit. FCC gab der Tochter jüngst 100 Mio. Euro, nachdem eine Kapitalerhöhung am miserablen Marktumfeld gescheitert war.  (Claudia Ruff, Jan Marot, DER STANDARD, 18.10.2012)