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Das reichste Bevölkerungszehntel besitzt die Hälfte des Vermögens in Österreich. Am anderen Ende sind immer mehr Menschen akut von Armut und Obdachlosigkeit betroffen.

Foto: APA/HELMUT FOHRINGER

Wien - Die Armutskonferenz hat anlässlich des heutigen Internationalen Tags der Beseitigung von Armut am Mittwoch bei einer Pressekonferenz vor den Auswirkungen einer größer werdenden Schere zwischen Arm und Reich für die Gesellschaft gewarnt. Laut Statistik leben 511.000 Österreicher unter der Armutsgrenze, was sich negativ auf ihre Lebenserwartung und Gesundheit auswirke, und am Ende höhere Kosten für die Gesellschaft bedeute.

Die Ungleichheit in Österreich wachse, so Martin Schenk, Sozialexperte der Diakonie Österreich. In vielen Haushalten müsse am Monatsende die Entscheidung getroffen werden, ob man die Miete zahlen oder sich beim Supermarkt Essen kaufen wolle. "Das sind Entscheidungen, die furchtbar sind, die aber in Österreich stattfinden." Grund für die Unterschiede ist laut Schenk die steigende Zahl von Menschen mit prekären Jobs, die von ihrem Gehalt nicht mehr leben können. Noch stärker seien die Unterschiede beim Vermögen, in das auch Immobilien, Aktien und Unternehmensbeteiligungen einberechnet werden: "Die obersten zehn Prozent der Bevölkerung besitzen die Hälfte des Gesamtvermögens."

Finanzieller Schaden für Gesellschaft

"Diese Schere kommt uns teuer," sagte Schenk und zählte unter anderem chronische Krankheiten, eine geringere Lebenserwartung, mehr Schulabbrecher und vollere Gefängnisse als volkswirtschaftliche Folgen auf. All dies bewirke höhere Kosten für die Gesamtgesellschaft bewirken. Die 10.000 Schüler etwa, die jährlich die Schule abbrechen, kosten dem Staat durch steigende Sozialausgaben, höhere Gesundheitskosten und entgangene Steuereinnahmen 3 Milliarden Euro, rechnete Schenk vor. Die wirtschaftliche Krisensituation trage dazu bei, die Schere zu vergrößern.

Die Armutskonferenz fordert Gegenmaßnahmen. Sie will, dass nicht nur in den Finanz- und Bankensektor investiert wird, sondern auch in in die "Stabilisierung des sozialen Ausgleichs." So müssten zum Beispiel Beratungsangebote für Menschen in Notlagen ausgebaut werden. 54.000 Menschen haben sich laut "Schuldenreport 2012" 2011 an die Schuldenberatung gewandt. Im Durchschnitt seien sie mit 73.000 Euro verschuldet gewesen, so Maria Kemmetmüller, stellvertretende Geschäftsführerin der ASB Schuldnerberatungen.

Internationaler Tag zur Überwindung der Armut

Die Österreichische Armutskonferenz versteht sich als Netzwerk "gegen Armut und soziale Ausgrenzung". Sie besteht aus 36 Mitgliederorganisationen wie dem Roten Kreuz, dem Anton Proksch Institut, der Caritas oder der Volkshilfe. Die Konferenz wandte sich anlässlich des Internationalen Tages zur Überwindung der Armut am Mittwoch mit aktuellen Zahlen an die Öffentlichkeit.

Auch in Deutschland beklagte die Nationale Armutskonferenz eine Armutsspirale. "Die Reichen werden immer reicher, die Armen immer ärmer und die Politik schaut weitgehend tatenlos zu", kritisierte ihr Sprecher Thomas Beyer. Laut einem "Schattenbericht" arbeitet in Deutschland inzwischen fast jeder Vierte im Niedriglohnsektor und 7,6 Millionen Menschen (9,3 Prozent der Bevölkerung) beziehen staatliche Leistungen zur Sicherung ihres Existenzminimums. 

Weltweit sind laut UNO-Zahlen eine Milliarde Menschen von extremer Armut betroffen. (APA/red, 17.10.2012)