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Verkehrsministerin Doris Bures (SPÖ) will mehr Güterverkehr auf der Schiene. ÖBB-Chef Christian Kern muss Kapitalkosten verdienen und Fracht auf die Straße verlagern.

Foto: APA/Jaeger Robert

Wien - Bei der ÖBB-Gütersparte Rail Cargo Austria (RCA) bahnen sich die nächsten Redimensionierungsmaßnahmen an. Nach Verkleinerungen des Netzes samt Schließung von Verladestellen im Vorjahr stehen nun weitere Arrondierungen des Bedienrasters an. Auf den Prüfstand gestellt wurden vom teilerneuerten RCA-Management laut Standard-Recherchen weitere bis zu 140 Anschlussbahnen und Bedienstellen des einst aus 600 Umschlagplätzen für die Industrie bestehenden RCA-Netzes in Österreich.

Und: Erstmals stehen auch Kündigungen auf der Agenda. Da ein Großteil der RCA-Beschäftigten definitiv gestellte Eisenbahner, also de facto unkündbar sind, soll der Personalstand um rund hundert Angestellte verringert werden. Die ÖBB gibt sich hinsichtlich geplanter Einschnitte zugeknöpft: "Es ist nichts beschlossen", betont ÖBB-Sprecherin Sonja Horner. "Wir diskutieren derzeit eine Reihe von Maßnahmen, um uns auf das konjunkturelle Umfeld einzustellen. Es gibt dabei mehrere Varianten, die im Aufsichtsrat am 30. Oktober behandelt werden." Hinsichtlich Wirtschaftlichkeit analysiere man die Kostengrade von Verladestellen im RCA-Netz und führe Gespräche mit Kunden, so die Sprecherin. Eine konkrete Entscheidung über Änderungen des Bedienrasters sei aber nicht gefallen, Organbeschlüsse auch nicht.

Dass das Frachtgeschäft der auf Sanierungskurs fahrenden RCA nicht rund läuft, ist auch am Markt Gesprächsthema: Die jährlich 480 bis 600 Güterzüge der Gartner KG von Lambach in Oberösterreich nach Sindos in Griechenland hat RCA an die Raaberbahn verloren. Sie waren nach dem Streit mit Gartner über mutmaßliche Überladungen von Güterzügen nicht mehr direkt von der RCA-Tochter Intercontainer abgewickelt worden, sondern über die belgische IFB, die sich wiederum der RCA bediente. RCA fehlen mit den sogenannten "Isabella Shuttles" gut zehn Mio. Euro Umsatz im Jahr.

Lastzüge fahren weg

Nach Transportalternativen suchen offenbar auch andere Kunden. Lkw-Walter etwa habe hunderte Züge vom RCA-Konzern zur Schweizer Konkurrenz verlagert, sagt ein ÖBB-Insider, der das Volumen mit zehn Zugpaaren pro Woche angibt. Hochgerechnet aufs Jahr verliert die ÖBB damit an die tausend Züge zum Terminal Wien-Freudenau Hafen. "Wir bewegen uns in einem liberalisierten Markt und stehen voll im Wettbewerb" , sagt ÖBB-Sprecherin Horner. "Manchmal gewinnt man, manchmal verliert man."

Hinzu kommt, dass sich auch beim Sorgenkind Kontraktlogistik, den vor allem von Händlern genutzten Stückgut-Transporten des früheren Bahn-Express-Dienstes (BEX), Widerstand anbahnt. Der Plan: Das defizitäre Geschäftsfeld mit rund 185 Mio. Euro Umsatz und etwa tausend (mehrheitlich unkündbaren) Beschäftigten in ein Joint Venture mit dem Grazer Logistiker JCL der Familie Jöbstl einzubringen, an dem die Bahntochter RCA einen maßgeblichen Anteil halten würde. Läuft der gemeinsame Laden gut, wäre die RCA eine Last los - aber auch eine Menge an Schienengüterverkehr in Österreich. Denn die Stückguttransporte würden, wie bereits vom früheren RCA-Management versucht, von der Schiene auf die kostengünstigere Straße verlagert.

Dabei könnte der ÖBB freilich Verkehrsministerin Doris einen Strich durch die Rechnung machen. Denn der SPÖ-Parteitag hat am Wochenende einstimmig beschlossen: "Kein Verkauf oder Teilverkauf der ÖBB, ... der ÖBB-Kraftwerke, der RCA bzw. deren Kontraktlogistik." Das sei kein Widerspruch, sagt Bures'-Sprecherin Marianne Lackner, denn es sei " wichtig, alle RCA-Bereiche auf gesunde Beine zu stellen, auch die Kontraktlogistik. Ein strategischer Partner ist eine Möglichkeit, die zu prüfen ist." (Luise Ungerboeck, DER STANDARD, 19.10.2012)