Wien - Am kommenden Montag wird es rund um die Gespräche zwischen dem Verband Österreichischer Zeitungen (VÖZ) und der Journalistengewerkschaft zu öffentlichen Betriebsversammlungen und Protesten in der Wiener Innenstadt, in Graz, Salzburg und Innsbruck kommen. Grund für die verhärteten Fronten ist die Aufkündigung des KV durch die Zeitungsverleger per Jahresende. In den vergangenen Tagen waren aber beide Seiten auf Kompromisssuche.

VÖZ-Geschäftsführer Gerald Grünberger appellierte am Freitag noch einmal an die Arbeitnehmervertreter, dass ein neuer Kollektivvertrag "in seiner Wichtigkeit für die Zeitungen und Magazine und ihre Mitarbeiter gar nicht hoch genug einzuschätzen" sei. "Trotz der geplanten Protestkundgebungen der Gewerkschaft setzen wir zeitgleich auf einen konstruktiven Verhandlungsverlauf", erklärte Grünberger.

Schon die bereits paktierten Verhandlungsresultate würden für die meisten Jungjournalisten und Online-Redakteure eine deutliche Verbesserung ihrer Arbeitsbedingungen bringen, so Grünberger. "Gehen wir nun die letzten Meter gemeinsam ans Ziel. Denn die vorläufig erzielten Ergebnisse können sich auf beiden Seiten sehen lassen." Und der VÖZ-Vertreter zählt auch einige der geplanten Maßnahmen auf: So soll es künftig eine Fünf-Tage- statt einer Sechs-Tage-Woche geben, die Normalarbeitszeit soll 38 statt 38,5 Stunden betragen, der neue KV würde Journalisten einen Schutzmechanismus vor Ausgliederungen bieten, die Aspirantenzeit würde deutlich verkürzt und auf maximal zwei Jahre beschränkt, eine neue Sabbatical-Regelung von bis zu einem Jahr geschaffen werden, und der neue KV soll eine Qualitätsverbesserung bei der Journalistenausbildung bringen.

Eine Rücknahme der KV-Kündigung lehnte Grünberger jedoch ab. "Der KV kann immer nur zu Jahresende beendet werden. Eine Rücknahme birgt die Gefahr, dass wieder ein Jahr ergebnislos verstreicht. Bis 31. Dezember ist noch genug Zeit, um den neuen KV zu finalisieren, wenn man wirklich will - wir wollen."

"Scheinheiligkeit"

Gewerkschaftsvertreter warfen den Verlegern unterdessen "Scheinheiligkeit" vor. Der VÖZ versuche junge und alte sowie Print- und Online-Journalisten gegeneinander auszuspielen. Die Medienunternehmer hätten Jung- und Online-Journalisten seit eineinhalb Jahrzehnten ausgebeutet und mit prekären Dienstverhältnissen abgespeist. "Schon 1999 versuchte die Journalistengewerkschaft mit der Zustimmung zu einem neuen Kollektivvertrag diesen permanenten Anschlag auf Arbeitnehmerrechte zu stoppen", erklärten "Kleine Zeitung"-Betiebsrätin Ute Groß und "Oberösterreichische Nachrichten"-Konzernbetriebsrat Eike-Clemens Kullmann, beide stv. Vorsitzende der Journalistengewerkschaft, in einer Aussendung.

Damals sei massiven Abschlägen bei jährlichen Vorrückungen und Quinquennien (Gehaltssprüngen alle fünf Jahre) zugestimmt worden, um im Gegenzug Online- und Print-Journalisten die gleichen arbeitsrechtlichen Standards zu sichern und prekäre Dienstverhältnisse zu beenden. Die Verleger hätten sich an diese Vereinbarungen aber nicht gehalten. "Die Unterschrift unter dem neuen KV war noch nicht einmal trocken, begannen die Unternehmer bereits ihre Online-Redaktionen auszugliedern und den Mitarbeitern den ihnen zustehenden KV vorzuenthalten", so "Kleine"-Betriebsrätin Groß. Für kommenden Montag verlangen die Gewerkschafter jedenfalls eine Rücknahme der KV-Kündigung durch den VÖZ.

Wie diese Patt-Situtation bei der Verhandlungsrunde am Montag aufgelöst werden kann, war am Freitag noch unklar. In VÖZ- und Gewerkschaftskreisen wird derzeit aber nach möglichen Kompromissen gesucht. So wird einerseits die Möglichkeit diskutiert, die Frist für die KV-Aufkündigung über das Jahresende hinaus zu verlängern, sodass der Kollektivvertrag auch danach weiter Gültigkeit hätte, andererseits kursierte eine Variante, bei der der VÖZ seine Kündigung zurücknimmt und zugleich beschlossen wird, dass bis zu einer Einigung auf einen neuen KV eine vierteljährliche Kündigung des Kollektivvertrags möglich ist. (APA, 19.10.2012)