Er war die größte Kommune Europas - und ist heute nicht zuletzt ein Synonym für das Scheitern einer Utopie: der Friedrichshof im Burgenland. 1972 erwarb eine Gruppe um den Wiener Aktionskünstler Otto Muehl den verlassenen Gutshof auf der Parndorfer Heide und begründete ein Wohnprojekt, das Gemeinschaftseigentum, freie Sexualität und die Auflösung der Kleinfamilie propagierte.
Der Friedrichshof entwickelte sich in den knapp 20 Jahren seines Bestehens zum Zufluchtsort für Aussteiger und zum Vorzeigeprojekt für radikalutopische Lebensentwürfe. Dass die "befreite Sexualität" auf dem Friedrichshof für manche den unfreiwilligen Verlust ihrer köperlichen Selbstbestimmtheit bedeutet hat, wurde spätestens klar, als Otto Muehl im Herbst 1991 wegen Unzucht mit Unmündigen verurteilt wurde.
Was ist Familie?
Der Regisseur Paul-Julien Robert ist ein Kind des Friedrichshofs. Er wurde 1979 in die Kommune hineingeboren. In dem Film "Meine keine Familie" begibt er sich auf eine persönliche Reise in seine eigene Vergangenheit und konfrontiert sich und seine Mutter mit der Frage, was eigentlich Familie ist. "Der Beginn dieser Recherche hat mich auf eine Reise geschickt, in der ich viel über mich, den Jungen aus dem Archivmaterial, erfahren habe", sagt Robert.
Erstmals gezeigtes Material
Er zeigt Filmaufnahmen vom Friedrichshof, die 20 Jahre lang gesperrt waren und einen differenzierten Blick auf das Leben der Kommunardinnen und Kommunarden erlaubt. In einer vier Jahre dauernden Recherche ist ein berührender Film entstanden, der der Frage nachgeht, was "Familie" eigentlich ausmacht. Für Robert ist es auch das Bewusstsein für die eigene Vergangenheit. (lima, derStandard.at, 19.10.2012)