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Schröcksnadel: "Ich treffe Entscheidungen nie alleine. Wer die besten Argumente hat, gewinnt. Ab und zu bin das auch ich."

Foto: APA/Hochmuth

Standard: Nächstes Wochenende geht's los mit dem Weltcup. Das US-Team wird von Sölden gesponsert. Sind Sie noch immer empört?

Schröcksnadel: Nein, denn wenn man jetzt nach Sölden fährt, sieht man Plakate und Einladungen mit österreichischen Rennfahrern. Wir werden ordentlich willkommen geheißen. Im Vorjahr war ja der Bode Miller auf den Plakaten.

Standard: Dann ist es okay, wenn Sölden das US-Team sponsert?

Schröcksnadel: Freude habe ich damit keine. Das Geld ist knapp, uns wäre es natürlich lieber, wir würden das Geld kriegen.

Standard: Für Sölden, für den ÖSV, für Österreich geht es schon darum, die Botschaft vom Skisport hinaus in die Welt zu tragen.

Schröcksnadel: Die wird aber nicht dadurch hinausgetragen, dass die Amerikaner ein Pickerl am Pullover tragen, sondern dadurch, dass die Österreicher gut fahren. Wir haben den touristischen Erfolg, weil wir die Skikompetenz nach Österreich geholt haben, weil wir gewinnen. Österreich ist gefragt, weil man immer dorthin geht, wo die Sieger herkommen.

Standard: Ist das ÖSV-Budget in der Saison der Heim-WM höher als je zuvor?

Schröcksnadel: Wir haben jedes Jahr eine kleine Steigerung. Mit dem WM-Umsatz ist es natürlich viel größer.

Standard: Wir hoch ist das Verbandsbudget?

Schröcksnadel: 42 Millionen Euro. 1990, als ich begonnen habe, waren es 38 Millionen Schilling.

Standard: Gibt es wieder eine präsidiale Medaillenvorgabe?

Schröcksnadel: Sechs bis acht Medaillen, das ist seit 20 Jahren so.

Standard: Sie könnten ja einmal erhöhen?

Schröcksnadel: Eine Heim-WM ist das Schwierigste. Der Druck auf der Mannschaft ist immer höher. Im eigenen Land wird mehr geschrieben, mehr gefragt, die Leute werden mehr belastet.

Standard: Bei Olympia in Vancouver haben die Herren gar keine Medaille gemacht. Ist das auch in Schladming vorstellbar?

Schröcksnadel: Das kann immer passieren. Die Leute sollen aber nicht mit Glück gewinnen können, sondern das Potenzial haben. Das haben wir locker. Machen wir keine Medaille, ist das Pech.

Standard: In Schladming ist viel von Nachhaltigkeit die Rede.

Schröcksnadel: Von dem Wort halte ich gar nichts. Nachhaltig? Was ist nachhaltig? Wenn ich eine Fliege erschlage, dann ist sie nachhaltig tot. Ich will lieber etwas machen, das für die Zukunft einen positiven Effekt erzielt.

Standard: Und der Umweltgedanke, der hinter dem Wort steckt?

Schröcksnadel: Das hat ja mit dem Wort nachhaltig nichts zu tun. Ich muss schauen, dass ich eine saubere und umweltfreundliche WM veranstalte.

Standard: Wird das in Schladming gelingen?

Schröcksnadel: Wir haben das Ziel, die beste WM zu machen, die es bis jetzt gegeben hat. Das betrifft den Sport, die Organisation, die Umwelt, den Verkehr. Ob es gelingt, werden wir sehen. Auch das Wetter muss funktionieren.

Standard: Zurück zur ungeliebten Nachhaltigkeit. Der vieldiskutierte Loop, der architektonische Bogen, der den Tribünen im Weg ist, war nicht nachhaltig.

Schröcksnadel: Jetzt wird er bald nachhaltig weg sein. Das ist eigentlich kein großes Thema. Das ist ja nur hochgespielt worden.

Standard: Und weil es hochgespielt worden ist, wollen wir darüber reden.

Schröcksnadel: Wenn 290 Millionen Euro in Bauvorhaben für die WM investiert werden, und der einzige Fehler ist ein Loop, der 117.000 Euro kostet, dann halten sich die Fehler in Grenzen. Wenn ich das mit Skylink vergleiche, dann ist das super abgewickelt worden. 260 Millionen Steuergeld fließen in die Infrastruktur.

Standard: Was kostet die Veranstaltung selbst?

Schröcksnadel: 40 Millionen Euro.

Standard: Wird die WM für den ÖSV ein Geschäft?

Schröcksnadel: Wir hoffen, dass wir für den Sport etwas verdienen. Aber ein Geschäft ist immer ein Risiko. Es können Bewerbe ausfallen, dann haben wir weniger Zuschauer und weniger Einnahmen.

Standard: Wie viel Geld bringen die TV-Rechte.

Schröcksnadel: Die Rechte hat die Fis und verkauft sie an die EBU. Wir bekommen 32 Millionen Euro. Wir haben keine Werberechte, keine Merchandisingrechte. Das Geld von unseren Werbepartnern bekommt die EBU.

Standard: Die "Kleine Zeitung" ist die WM-Zeitung, die "Kronen Zeitung" die Team-Zeitung. Kann das zu Problemen führen?

Schröcksnadel: Probleme gibt's immer. Wir werden alle gleich mit Information versorgen. Ich habe das im Vorfeld alles geklärt. Natürlich gibt's eine lokale Zeitung, die Kleine, und die Krone ist unser Partner seit vielen Jahren. Wir haben das unter einen Hut gebracht.

Standard: Sie haben das also unter einen Hut gebracht. Steckt in Ihnen ein kleiner Diktator? Manche bezeichnen Sie als Napoleon des Skisports.

Schröcksnadel: Den Napoleon haben sie in die Verbannung geschickt. Solche Dinge kann man nicht diktatorisch lösen. Da fallen dann irgendwann böse Worte. Wir haben ein super Team. Wenn eine Entscheidung da ist, setze ich sie beinhart durch. Aber ich treffe die Entscheidungen nie alleine. Wer die besten Argumente hat, gewinnt. Ab und zu bin das auch ich.

Standard: Sind die Skispringer gleich wichtig wie die Skifahrer?

Schröcksnadel: Klar. Beim Sprungsport gefällt mir nur die Windregel nicht. Sport muss leicht verständlich sein. Wenn nicht der gewinnt, der am weitesten springt, kapiert das keiner.

Standard: Im Langlauf schaut's nicht gut aus. Es gibt nicht einmal ein Damenteam im Weltcup.

Schröcksnadel: Wir haben das total zurückgedreht nach Turin 2006. Ich hab mich nicht mehr einsetzen wollen für etwas, für das sie dich dauernd hauen. Jetzt bin ich erster Klasse wegen erwiesener Unschuld freigesprochen worden. Jetzt werden wir schauen, ob wir mit reellen Mitteln, andere hab ich nie vertreten, weiterkommen. Drei bis vier Jahre wird es dauern. (David Krutzler und Benno Zelsacher, DER STANDARD, 20./21.10. 2012)