Haben das Selbstbewusstsein", dass sich kostenpflichtiges Onlineangebot " letztlich auszahlen" wird, sagt NZZ-Chefredakteur Spillmann zur Paywall.

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Auf einmal war die älteste Schweizer Zeitung die erste: Die im 233. Jahrgang erscheinende Neue Zürcher Zeitung gibt ihre Online-Inhalte nicht mehr gratis ab und verlangt von den Nutzern Geld. Vor zwei Wochen zog die NZZ die Bezahlschranke hoch: Mit einer sogenannten "metered paywall" ermöglicht sie pro Monat den Gratiszugriff auf 20 Online-Artikel pro Monat; wer mehr konsumiert, wird zur Kasse gebeten. 354 Euro kostet das Jahres-Abo für die digitale NZZ.

Chefredakteur Markus Spillmann gibt sich zuversichtlich: "Die Gefahr besteht zwar, dass wir an Reichweite verlieren, weil gewisse Nutzer zu Gratis-Angeboten abwandern", sagte Spillmann im Schweizer Rundfunk. "Doch wir haben das Selbstbewusstsein, dass ein Online-Angebot in unserer Qualität, das seinen Preis hat, sich letztlich auszahlen wird."

Man dürfe auch nicht die Leser der gedruckten Ausgabe bestrafen, so Spillmann weiter: Diese kämen sich betrogen vor, wenn der Online-Kunde dasselbe gratis nutze, was der Print-Abonnent teuer bezahlt habe. Anders gesagt, hofft man bei der NZZ auch den Rückgang der gedruckten Auflage (zurzeit werden noch 132.000 Exemplare verkauft; in den besten Zeiten waren es mehr als 160.000) stoppen oder mindestens verlangsamen zu können.

Kostenpflichtige Onlineauftritte

Was die NZZ nun eingeführt hat, funktioniert bei der New York Times, der Financial Times oder auch der Genfer Tageszeitung Le Temps schon. Auch das im zweimal wöchentlich erscheinenden Zürcher Blatt Finanz und Wirtschaft, das vom führenden Schweizer Medienhaus Tamedia herausgegeben wird, hat seinen Online-Auftritt kostenpflichtig gemacht. Experten glauben, dass eine Paywall bei solchen Titeln funktionieren kann, die in einer Qualitätsnische eine klar definierte Zielgruppe ansprechen, die für Inhalte zu zahlen bereit ist. Ob dies aber auch für reichweitenstärkere Blätter gilt, ist offen.

Zu Tamedia gehört auch das Gratisblatt 20 Minuten und der Tages-Anzeiger , die größte Schweizer Abo-Zeitung. Ihr Manager Peter Rothenbühler sieht Gratisangebote im Internet auslaufen: "Das ist wie beim Bäcker. Dort sprechen Sie auch nicht von Bezahlschranke; dort ist es selbstverständlich, dass Sie für Ihr Brot bezahlen."

Flüssiges Brot fiel nun auch Springer-Chef Mathias Döpfner ein, als er Reuters eine Paywall für sein Qualitätsblatt Die Welt ankündigte: Er sehe unter Zeitungen "wachsenden Konsens, die Idee ad acta zu legen, dauerhaft Freibier auszuschenken". (Klaus Bonanomi aus Bern, DER STANDARD, 20./21.10.2012)