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Umbau und Verschub gehören zur Bundesbahn wie Gleise und Verschub.

Foto: APA/HERBERT PFARRHOFER

Wien - Kaum hat Österreich die Klage der EU-Kommission wegen unzureichender wirtschaftlicher Trennung von Absatz und Infrastruktur in der ÖBB abgewehrt, nimmt die ÖBB-Holding ihre operativen Töchter näher zur Brust. Wiewohl als eigenständige Aktiengesellschaften mit weisungsfreien Vorständen installiert, müssen ÖBB-Personenverkehr, Rail Cargo Austria (RCA) und ÖBB-Infrastruktur Teile ihrer Souveränität abgeben. Zumindest finanztechnisch, denn 2013 wird neben der für Administration und Personalverrechnung zuständigen Shared Service Center GmbH (SSC) ein Financial Shared Services Center eingerichtet.

In dieser FSSC werden Finanz- und Rechnungswesen, Controlling und Buchhaltung aller Konzerngesellschaften gebündelt. Laut STANDARD-Recherchen sollen im Endausbau 90 Mitarbeiter des Personenverkehrs, 250 von der RCA und rund 100 von der ÖBB-Infrastruktur AG in der FSSC landen. Der Beschluss für diese neue Zentralabteilung ist - nach anfänglichem Widerstand in den Vorständen der Teilkonzerne - vor zwei Wochen gefallen, diverse Vorstände und Aufsichtsräte haben bereits zugestimmt.

Die ÖBB-Holding bestätigt die Zentralisierung, aber keine Details. Man erarbeite gerade die Grundlagen auf Basis einer Machbarkeitsstudie, 2013 soll es losgehen. Ziel sei es, "die Prozesse im Konzern noch besser auf die zukünftigen Anforderungen auszurichten".

EU-Reaktion

Wie die EU-Kommission auf das Zusammenrücken im Konzern reagieren wird, ist nicht abzuschätzen. Sie hatte geklagt, weil sie argwöhnte, Österreich habe die "gebotene Unabhängigkeit des Betreibers der Eisenbahninfrastruktur und damit das Eisenbahnpaket nicht ordnungsgemäß in nationales Recht umgesetzt". Eine Holding sei zwar zulässig, die Unternehmen müssten aber wirtschaftlich unabhängig sein. Insbesondere dürfe die Holding keinerlei Kontrolle über die - wesentliche Funktionen der Bahninfrastruktur wahrnehmende Tochter - Infrastruktur AG ausüben.

Beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) blitzte die EU-Kommission mit dieser Beschwerde allerdings ab. Genau genommen kam sie gar nicht bis dort hin: Der EuGH-Generalanwalt empfahl vorweg die Abweisung der Klage, denn die von der Kommission reklamierten zusätzlichen Maßnahmen werden in den fraglichen Richtlinien "nicht erwähnt, sodass ihr Erlass von den Mitgliedstaaten nicht verlangt werden kann".

Geradewegs im Sinne der EU sollte hingegen eine weitere Maßnahme sein, mit der die finanziell brustschwache und auf Schrumpfkurs fahrende Gütersparte RCA entlastet werden soll: Die für Containertransporte und rollende Landstraße notwendigen Terminalservices könnten - analog zu den Personenbahnhöfen - in die ÖBB-Infrastruktur AG verschoben werden.

Erneut Umbaupläne wälzt man auch für die Telekom- und IT-Tochter IKT-Services. Netz und Leitungen dürften in die Infrastruktur verlagert werden, nur IT vorerst bei der ÖBB-Holding bleiben. Weiter gehende Pläne sehen sogar eine Auslagerung der Office-IT vor. Das sei keineswegs beschlossen, betont ÖBB-Sprecherin Sonja Horner. Man prüfe alle Möglichkeiten. (Luise Ungerboeck, DER STANDARD, 22.10.2012)