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Die Speiseröhre ist dem Säureangriff aus dem Magen nicht gewachsen.

Sodbrennen und saures Aufstoßen sind weit verbreitet: Etwa 20 bis 30 Prozent der österreichischen Bevölkerung leiden zumindest gelegentlich unter Reflux. Nun hat in der ehemaligen Poliklink im neunten Bezirk Wiens mit dem Reflux Medical Center eine darauf spezialisierte Wahlarzt-Ordinationsgemeinschaft eröffnet.

Reflux ist der Rückfluss von Magensäure in die Speiseröhre, einhergehend mit einem brennenden Schmerz. Ursache ist meist eine Fehlfunktion des Schließmuskels, der den Magen gegen die Speiseröhre abgrenzt. "Reflux ist kein harmloses Symptom - in seltenen Fällen kann es auch zu einem Speiseröhrenkarzinom führen", sagt Martin Riegler, seit 2002 Oberarzt an der chirurgischen Universitätsklinik im AKH Wien und medizinischer Leiter des neuen Reflux-Zentrums.

"Reflux-Medical-Methode"

Die von ihm entwickelte "Reflux-Medical-Methode" soll Abhilfe schaffen: Nach einem ausführlichen Anamnesegespräch wird die Speiseröhre endoskopiert. Liegt eine Gewebeveränderung mit Krebsrisiko (Barrett-Ösophagus, Anm.) vor, kann das betroffene Gewebe mit einer Radiofrequenzablation entfernt werden: Dabei wird unter Vollnarkose über den Mund ein Ballonkatheter in die Speiseröhre eingeführt. Über Elektroden auf der Oberfläche des Ballons wird mittels Radiofrequenzenergie die erkrankte Schleimhaut zerstört. Damit seien in 90 Prozent der Fälle das Krebsrisiko dauerhaft gebannt, so Riegler.

Anschließend wird über eine Nasensonde der Speiseröhrendruck und der Reflux gemessen. Die Refluxmessung erfolgt über eine Sonde und ein kleines Aufnahmegerät, das über 24 Stunden den Druck misst und aufzeichnet. Der Patient geht damit nach Hause und führt Protokoll, in dem alle Beschwerden festgehalten werden.

Ausgeleierter Schließmuskel

Die erste therapeutische Maßnahme ist eine Änderung des Lebensstils. Zu viel, zu süß, zu fett essen, rauchen und Alkohol tragen nämlich maßgeblich dazu bei, dass der Schließmuskel "ausleiert wie ein Gummiband". Vor allem Übergewicht wird für Reflux maßgeblich verantwortlich gemacht. Deshalb bietet das Zentrum übergewichtigen Patienten (BMI 29 bis 35) einen Magenballon an. Dieser wird gemeinsam mit einem winzigen Schlauch geschluckt und dann mit einem Viertelliter Stickstoff befüllt. Die Konsequenz darauf: Das Hungergefühl wird weniger. Nach drei Monaten wird der Ballon dann wieder endoskopisch entfernt.

Zusätzlich werden Protonenpumpenhemmer verabreicht, die eine Produktion der Magensäure reduzieren und meistens rasch zu einer deutliche Verbesserung der Symptomatik führen. Ist das allerdings nicht der Fall oder leidet der Patient unter Nebenwirkungen, kann zu chirurgischen Mitteln gegriffen werden.

Alternative Therapieoption

Laut Riegler ist hier die Linx-Methode "besonders vielversprechend". Dabei wird ein magnetischer Ring aus Titanperlen um den Ausgang der Speiseröhre gelegt. Die Perlen ziehen sich im Ruhezustand zusammen, sodass keine Speisereste in die Speiseröhre gelangen können; lediglich zur Nahrungsaufnahme sind sie geöffnet. "Diese Methode ist eine ausgezeichnete Alternative zur - manchmal jahrelang notwendigen - medikamentösen Behandlung", sagt Allgemeinchirurg Luigi Bonavina, der den Ring 2007 an der Universität Mailand entwickelt hat. Seither wurden bereits mehr als 100 Patienten damit behandelt, von denen 85 bis 90 Prozent auch drei Jahre nach der Operation noch beschwerdefrei waren.

Kommt der Linx-Ring aufgrund von Vorerkrankungen, etwa des Herz-Kreislauf-Systems, nicht infrage, wird meist auf die "Fundoplicatio" zurückgegriffen. Bei dieser Operation wird ein Teil des Magens um das untere Ende der Speiseröhre gewickelt und so die Funktion des Schließmuskels wiederhergestellt.

Riegler betont, dass all diese Maßnahmen minimalinvasiv seien und eine ganzheitliche Behandlung im Vordergrund stehe. Der aus Los Angeles zur Ordinationseröffnung angereiste Pathologe und Reflux-Experte Para Chandrasoma geht davon aus, dass die hier angebotene Methode in 20 bis 25 Jahren die weltweite Norm sein wird. Noch ist sie allerdings jenen Patienten vorbehalten, die es sich leisten können: Ein erstes Arztgespräch (45 bis 60 Minuten) kostet bereits 150 Euro, die Speiseröhrenspiegelung etwa 500 Euro. (Florian Bayer, derStandard.at, 22.10.2012)