Ein Fake: Das Sony Nexus X.

Foto: Anatomy of a Hoax

Schon vor wenigen Monaten zog ein Gerücht seine Kreise, demnach Sony an einem eigenen Nexus-Smartphone arbeiten könnte. Lange war es darum jedoch still geworden, bis vergangene Woche plötzlich Bilder eines angeblichen "Nexus X"-Smartphones auftauchten.

Zahlreiche Techblogger und Onlinemagazine stürzten sich darauf und verbreiteten die Botschaft weiter, teilweise unter der Präambel eines "echten" Leaks. Der Drahtzieher hat mittlerweile die Fake-Aktion enttarnt und übt Kritik an den Medien.

Die Anatomie einer Falschmeldung

In einem Blog namens "Anatomy of a Hoax" beschreibt er, wie er das Gerücht erfolgreich in die Welt setzen konnte. Er betont auch, dass es ihm nicht nur um journalistische Beobachtungen gegangen ist, sondern er auch Google und Sony vorführen wollte, dass es großes Interesse an einem solchen Gerät gibt.

Abfotografiertes Rendering

Doch der Reihe nach: In zwei Tagen entstehen die gefälschten Bilder. Dabei ist weder ein echtes Smartphone, noch Photoshop im Spiel. Stattdessen greift der Blogger auf ein 3D-Rendering zurück. Das virtuelle Modell leiht sich zwecks Glaubwürdigkeit den Look mehrerer Sony-Smartphones, insbesondere des Xperia Ion und des Xperia TL.

Dieses platziert er auf der virtuellen Ablichtung seines eigenen Schreibtisches und fügt ein paar Effekte für einen abgenutzten Look hinzu. Schließlich lichtet er das gerenderte Ergebnis mit seinem Galaxy Nexus-Smartphone ab, um den typischen Look vieler echter und angegebener Leak-Ablichtungen zu erhalten.

Die fertigen Bilder landen am Sonntagnachmittag in einer Bildergalerie namens "Sony Nexus X", die unter dem Pseudonym "Mutul Yeter" auf Googles Bilderdienst Picasa hochlädt. Bis dorthin sind insgesamt sieben Stunden Arbeit in das Hoax-Projekt geflossen.

Über Nacht zur Prominenz

Am folgenden Vormittag um 9 Uhr 30, rund 16 Stunden später, geht ohne weiteres Zutun die erste Story über die Aufnahmen online. Offenbar hat ein Autor des Xperia Blogs diese zuerst entdeckt. "Ist das das Sony Nexus X?", lautet der zugkräftige Titel. Dort hält man ein Fake ausdrücklich für möglich. Eine halbe Stunde später sind es bereits 25 Meldungen auf verschiedenen Seiten.

Um 10:30 Uhr hat schließlich The Verge die Meldung im Programm, ebenfalls mit der nötigen Portion Skepsis angereichert. Es folgen Gizmodo und diverse andere Portale. Erste Photoshop-Kenner vermuten - wenn auch aus den falschen Gründen - definitiv eine Fälschung hinter den Bildern. Um 13 Uhr gibt es auch bei TechCrunch und Cnet einen Artikel über das dubiose Sony-Phone. Insgesamt sind es bereits über 100.

90.000 Hits, 521 Artikel

Zu Mitternacht zieht der Urheber Bilanz. Google News spuckt 90.000 Treffer und 521 Newsmeldungen für "Sony Nexus X" aus. Währenddessen ist die Nachricht auch über den großen Teich geschwappt. Auch der WebStandard berichtet unter Bezugnahme auf die kritische Analyse der Bilder bei Android Police. Nicht nur in grafischer Hinsicht fand man dort Auffälligkeiten, auch der zeitliche Unterschied der beiden Aufnahmen ließ ein Fake vermuten.

Während viele Medien die Bilder mit Vorsicht behandelten und entsprechend vor einer möglichen Fälschung warnten, übt der Fake-Urheber Kritik an jenen, die die Fotos ohne zu zögern ihren Lesern als echt präsentierten. Erstaunt hat ihn, dass kein einziger Journalist versucht hat, Kontakt zu "Mutul Yeter" herzustellen

Grob gerechnet kommt der Hoax-Konstrukteur auf die Rechnung, mit seinem Fake weltweit rund 250 Arbeitsstunden in Anspruch genommen zu haben. Daneben konnte er erfolgreich die Schlagzeilen mehrerer großer Techmagazine kapern und schaffte es auch auf Reddit zu einem Posting auf der Frontpage. (red, derStandard.at, 22.10.2012)