Sofia - Der bulgarische Innenminister und Vizepremier Zwetan Zwetanow ist nach einer Klage der Vorsitzenden des Richterbundes Miroslawa Todorowa wegen übler Nachrede freigesprochen worden. Todorowa will aber gegen die Entscheidung des Gerichts in Plowdiw (Plovdiv) in Berufung gehen, schreiben die Medien im Lande.

Die Vorsitzende des Richterbundes hatte den Innenminister geklagt, nachdem er ihr Ende Januar in einem Interview im privaten Fernsehsender "bTV" vorgeworfen hatte, dass sie die organisierte Kriminalität im Lande unterstütze. Als Beispiel gab Zwetanow den Vorfall an, als Todorowa so lange die Begründung ihres Urteils über den Drogenhändler Wassil Manikatow nicht schrieb und veröffentlichte, bis der Fall verjährt war.

Freispruch in einer halben Minute

Die Tageszeitung "Dnevnik" kommentierte, dass das Urteil über den Freispruch des Innenministers auch nur innerhalb einer halben Minute von der Richterin vorgelesen wurde ohne eine Begründung des dazugehörigen Urteils. Außerdem erfreut sich laut der Zeitung das Gericht der zweitgrößten Stadt Bulgariens der Gunst des Premiers und Vizepremiers - beides Ex-Polizisten - wegen mehrerer Strafurteile gegen Angeklagte und der wenigen Freisprüche. Die Klage landete übrigens im Plowdiw, weil in der Hauptstadt die Richter wegen einem angeblichen Interessenkonflikt den Fall abgelehnt hatten.

Die Anwältin des Innenministers meinte vor Gericht, Zwetanow habe niemanden verunglimpfen wollen, sondern eher eine Kritik zu einem schwerwiegendem Problem - der verzögerten Rechtsprechung - für die ganze Gesellschaft geäußert. Außerdem sollten - ihrer Meinung nach - die Grenzen der Kritikfähigkeit bei Figuren des öffentlichen Lebens wie der Vorsitzenden des Richterbundes weiter gezogen werden als üblich, so Dessislawa Dobrewa. Die Anwältin von Todorowa, Daniela Dokowska, konterte und verlangte, dass ein Freispruch von Zwetanow nur dann möglich sein sollte, falls er seine Behauptungen auch wirklich beweisen könnte.

Nachdem sie den Innenminister bereits verklagt hatte wurde Miroslawa Todorowa heuer im Juli durch eine Entscheidung des Oberstengerichtsrates - die sogenannte Regierung der Justiz im Lande - wegen dreier jahrelang verspäteten Urteile regelrecht gefeuert. Daraufhin ging sie vor dem Obersten Verwaltungsgericht in Berufung gegen diese Entscheidung. Die endgültigen Entwicklungen bleiben offen. (APA, 22.10.2012)