"Für einen Journalistenkollektivvertrag mit Zukunft": Der Zeitungsverband empfing die demonstrierenden Journalisten mit eigenen Transparenten - treffend platziert unter der "c.h.e.f."-Werbung.

Foto: STANDARD/Cremer

Wien - "Das hat man vom 'Kurier'": Die Werbelinie eignet sich auch für Transparente bei Protestkundgebungen von Journalisten. Hunderte schreibende, fotografierende und rundfunkende Arbeitnehmer vieler Medienhäuser sammelten sich Montag vor dem Büro des Zeitungsverbands.

Für 14 Uhr hat der Zeitungsverband die Gewerkschaft eingeladen, die Gespräche wiederaufzunehmen. Kurz nach der Einladung kündigte der Verband den Kollektivvertrag für Journalisten mit Jahresende. Die Verhandlungsführung übernahm STANDARD-Geschäftsführer Wolfgang Bergmann; nach der Kündigung, wie er sagt.

Seit dreieinhalb Jahren reden Journalisten und Verleger über einen neuen Kollektivvertrag, im Juni kam die Gewerkschaft mit neuen Forderungen, die Verleger standen auf und gingen. Nun redet die Gewerkschaft, verhandelt aber nicht, solange "die Messer offen sind" - also wohl die KV-Kündigung im Raum steht.

"Das hat man vom 'Kurier'." Dessen Journalisten meinen da wohl nicht allein den KV. Ihre Führung will vorerst 25 Jobs kürzen. Sparprogramme laufen in vielen Medienhäusern Österreichs, Europas, weit schärfer noch in den USA.

Verkaufserlöse sinken

Werbeeinnahmen der Zeitungen und Magazine stagnieren in krisenhafter Konjunktur, viel häufiger gehen sie zurück. Wo sie in den Statistiken der Werbebeobachter zulegen, verdanken sie das oft Buchungen verwandter Firmen. Online wächst in Bruchteilen der Rückgänge auf Papier. Die Verkaufserlöse sinken unter der Konkurrenz von kostenlosen Inhalten im Web und Gratisblättern.

Zweiklassengesellschaft in Verlagen

Im marktwirtschaftlichen Normalfall geht es um Renditen für Eigentümer; im Krisenfall auch um den Bestand von Titeln. Renditen und manche auch Bestand suchten die Verleger zu sichern, indem sie aus dem Zeitungs-KV auslagerten, wo sie konnten: Onliner und Verlagsangestellte vor allem. Das schuf eine Zweiklassengesellschaft in Verlagen und unter Journalisten, nicht allein nach Dienstalter: Journalismus für Blätter wird nach Zeitungs-KV bezahlt mit besonderem, langem Kündigungschutz, erklärbar mit der Sicherung innerer Meinungsfreiheit, fünfjährlichen Gehaltssteigerungen und 15 Gehältern. Journalismus für das Web wird etwa nach IT-Kollektivvertrag bezahlt, dem Regelungen für Wochenenddienste fehlen.

Gewerkschaft braucht breite Zustimmung

Altgediente Redakteure akklamierten bei der Demo wie junge Online-Journalisten (und noch prekärer entlohnte ORF-Freie, vielleicht waren auch Privatradioredakteure da, für die es keine KV-Mindeststandards gibt) und der Sprecher der "Mediengruppe Online", die "gleiche Rechte für gleiche Arbeit" forderten. So breite Zustimmung auch der Printredakteure braucht die Gewerkschaft, wenn sie über einen neuen Kollektivvertrag mit fairen Bedingungen für alle urabstimmen lässt - und damit wohl für Einschränkungen bei jenen, die schon jetzt nach Journalisten-KV arbeiten. Heutige Bedingungen für alle dürften sich wirtschaftlich nicht ausgehen. Sagen nicht allein Zeitungsbosse.

Vorerst redet man noch darüber. Das nächste Mal kommenden Montag. (Harald Fidler, DER STANDARD, 23.10.2012)