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Dublin/Wien - Es ist ein absoluter Negativrekord: 64 Milliarden Euro hat die Rettung der irischen Banken gekostet, was rund 41 Prozent der Wirtschaftsleistung des Landes entspricht. In keinem anderen EU-Land war die Hilfe für den Finanzsektor auch nur annähernd so teuer. Vier Jahre nach dem Platzen der gigantischen Blase scheint Irland nun eine realistische Chance auf eine Teilung dieser Kostenlast zu haben.

Eine Möglichkeit dazu bietet seit kurzem der Eurorettungsschirm ESM. Die Regierungschefs der Euroländer haben sich Ende Juni darauf verständigt, dass der Rettungsschirm Banken künftig direkt rekapitalisieren darf, das heißt, ohne, dass die Kosten für die Bankenhilfen dem Staat als Schulden umgehängt werden.

Seit der prinzipiellen Einigung auf dieses Modell im Juni wird um Details heftig gestritten. Deutschland, Österreich und Finnland wollen die Bankrekapitalisierungen beschränken, um nicht für "Altlasten", also für alte Verbindlichkeiten von Kreditinstituten, zahlen zu müssen. Der Streit dreht sich vor allem darum, wer welche Kosten bei der Sanierung der spanischen Sparkassen tragen soll, drohte aber zusehends das gesamte Projekt zu gefährden.

Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel stellte nun in einem Telefonat mit dem irischen Premier Enda Kenny klar, dass im Fall Irlands "einzigartige Umstände" gelten und die Ausnahme für Altlasten nicht zum Tragen kommt.

Das ist bisher die klarste Andeutung dafür, dass Irland den Rettungsschirm bald um nachträgliche Hilfe für seine Banken anrufen könnte. Am Montag erklärte zudem der französische Staatspräsident François Hollande nach einem Treffen mit Kenny, dass er eine "rückwirkende Rekapitalisierung" der irischen Banken über den ESM unterstützen würde.

Es steht viel auf dem Spiel: Die irische Schuldenlast steuert im kommenden Jahr auf 120 Prozent der Wirtschaftsleistung zu. Auch wenn jetzt Griechenland, Portugal und Spanien im Fokus stehen, hat derzeit kein EU-Land ein so hohes Budgetdefizit wie Irland (siehe Grafik links). Im Hintergrund drängt daher auch der Internationale Währungsfonds (IWF) die Europäer auf ein Entgegenkommen für Dublin.

Kompliziert wird die Angelegenheit dadurch, dass Irland seine Banken nicht einfach nur rekapitalisiert hat, sondern eine Reihe von Haftungen und Garantien für die Kreditinstitute übernahm. Erleichternd für Irland ist, dass die Altlasten der Banken wie etwa faule Kredite in eine eigene Bad Bank ausgegliedert wurde. Derzeit werden mehrere Varianten durchgerechnet, wie der ESM Irland unter die Arme greifen könnte.

Der IWF schlug im September vor, der Eurorettungsschirm solle die Kosten für die Rekapitalisierung der AIB, der Bank of Ireland und einiger anderer Institute übernehmen. Der Rettungsschirm würde in diesem Fall dem irischen Staat die Anteile an den genannten Instituten abnehmen. Das würde laut IWF insgesamt 24 Milliarden Euro kosten und könnte die irische Schuldenlast um rund 14 Prozent des BIPs senken.

Eine zweite diskutierte Möglichkeit: Die irische Regierung schuldet der eigenen Notenbank rund 28 Milliarden Euro aus den Bankenrettungspaketen. Der Staat zahlt der Notenbank den Betrag in jährlich fixen Raten zurück. Der ESM könnte Irland einen Kredit geben, um die Schulden bei der eigenen Notenbank begleichen zu können. Das hätte für Dublin zumindest den Vorteil, in naher Zukunft keine Ratenzahlungen leisten zu müssen. (András Szigetvari, DER STANDARD, 23.10.2012)