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Schon im Frühjahr 2009 zeigte Sailer mit seinem Datenforensik-Team erstmals konkrete Verdächtigenkreise in der Causa Alpen-Donau.Info auf. Unter einem Nickname kommunizierte er mit Neonazis.

Foto: Ap/zak

Graz/Wien - Der bekannte Rechtsextreme Gottfried Küssel und seine beiden Mitangeklagten, denen NS-Wiederbetätigung über den Internet-Blog Alpen-Donau.Info vorgeworfen wird, werden frühestens im Jänner 2013 ihr Urteil hören. Für den Linzer Kriminalbeamten und Datenforensiker Uwe Sailer ist dieses späte Urteil das Resultat der jahrelangen Untätigkeit des Bundesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT). Er kritisiert das BVT scharf: "Hier gibt es ein massives Problem."

Späte Hausdurchsuchung

Wie bei der jüngsten Verhandlungsrunde im Alpen-Donau-Prozess in der Vorwoche bekannt wurde, gab es in der Causa im Juni dieses Jahres auch eine Hausdurchsuchung gegen einen jungen Steirer.

Der Mann ist alles andere als ein Unbekannter: Er steht in Graz seit Monaten mit neun weiteren Rechtsextremen - darunter Franz Radl - wegen Wiederbetätigung vor Gericht und gilt als der "Leitwolf" dieser Gruppe. Als man im Juni die Hausdurchsuchung beim "Leitwolf" machte, waren dieser und einige seiner Kameraden in einem weiteren Verfahren bereits in erster Instanz wegen schwerer Körperverletzung im Zuge eines Überfalls auf ein Studentenlokal verurteilt worden.

Doch zurück zu Alpen-Donau-Info. Schon kurz nachdem die Seite im März 2009 online ging, meldete Sailer sie beim Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (LVT) Oberösterreich. "Dort lag mein Bericht erst einmal und wurde dann an das LVT Wien weitergeleitet", erzählt Sailer. Zur Seite gehörte auch das Forum Alinfodo, wo sich Sailer im April 2009 unter dem "nordisch klingenden Fantasienamen" Askirgoda anmeldete und sich wie folgt vorstellte, um die Betreiber der Seite aus der Reserve zu locken: Er sei Steirer, 27 Jahre alt, habe eine Frau und ein Kind und sei ein "volkstreuer Nationalist".

Die anderen User, die unter den ersten waren, die sich im neuen Forum anmeldeten, grüßten ihn sofort mit "Heil Dir!" oder sogar "Heil Hitler". Sailer, dessen Screenshots dem STANDARD vorliegen, erinnert sich: "Ich hab mir gedacht, solche Vollkoffer, wenn die wüssten, wen sie da so grüßen". Sailer konnte schon damals mit seinem Team an Datenforensikern, einige der Leute ganz klar identifizieren.

Einer davon sitzt Jahre später mit Küssel auf der Anklagebank, der Grazer "Leitwolf" und weitere Steirer sollen Subadministratoren der Seite gewesen sein und Zulieferer gab es auch aus Oberösterreich. Als Sailer im Forum eine Einladung zu einem Treffen Ende Mai 2009 in Graz erhielt, schickte er auch diese an den LVT Wien weiter. "Sie hätten nur hinfahren müssen", ist Sailer überzeugt.

Sailer schrieb mehrere Berichte an das LVT Wien, doch seine Erkenntnisse wurden ignoriert. Erst Wochen nach einem für Aufregung sorgenden Interview, das Sailer dem STANDARD im Februar 2011 gab, erfolgten Hausdurchsuchungen bei Küssel und Co.

Aus dem BVT heißt es auf Anfrage des STANDARD zu den Vorwürfen: "Die Berichte, die uns bekannt sind, hätten nicht zu einer schnelleren Ermittlung geführt." (Colette M. Schmidt, DER STANDARD, 23.10.2012)