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Hedgefondsmanager George Elliott sucht im krisengeschüttelten Griechenland nach "versteckten Juwelen".

Hedgefonds investieren wieder in griechische Anleihen und Aktien. Investor George Elliott hält die Krise für eine Chance, weil nur wenige Anleger das Risiko eines Euroaustritts eingehen wollen. Lukas Sustala hat nachgefragt.


STANDARD: Sie haben einen Hedgefonds gegründet, um in griechische Aktien zu investieren. Das klingt nach einem Himmelfahrtskommando.

Elliott: War es ein Himmelfahrtskommando, 1998 in Russland zu investieren oder 2001 in Argentinien? Ja, Phasen wie die Russlandkrise 1998 sind schwierig, doch nur für bequeme Investoren. Wer bereit ist, tief zu bohren und hart zu arbeiten, um Investmentmöglichkeiten zu finden, wird belohnt. Für alle anderen ist es ein Himmelfahrtskommando.

STANDARD: In den vergangenen Monaten sind griechische Staatsanleihen und Aktien stark gestiegen. Sehen institutionelle Anleger Griechenland bereits zu positiv?

Elliott: An den Kapitalmärkten wird teilweise noch immer ein Grexit (Austritt Griechenlands aus der Eurozone, Anm.) eingepreist, auch nach der jüngsten Erholung. Die aktuelle Bewertung einiger Unternehmen stellt einen 70-prozentigen Abschlag gegenüber den Kosten dar, die Firma mit denselben Maschinen und Produktionsmitteln neu aufzubauen. In meinem Wörterbuch steht: 70-prozentige Abschläge sind Investitionschancen. Das Drachme-Risiko ist eingepreist.

STANDARD: Aber hängt nicht die ganze griechische Wirtschaft von der Frage ab, ob das Land den Euro verlässt?

Elliott: Nicht unbedingt. Ich glaube, dass der Grexit nicht stattfinden wird. Griechenland ist technisch pleitegegangen, ist aber Teil einer starken Währung. Das macht es zu einer einmaligen Investmentchance. Das Interesse von Hedgefonds an Investitionen in Griechenland ist in den vergangenen Monaten gestiegen, gerade bei den liquiden, großen Unternehmen. Aber wir sind noch immer recht allein mit der Strategie.

STANDARD: Aber im Sommer hat der Index anbieter MSCI gedroht, Griechenland als Entwicklungsland einzustufen.

Elliott: Aber es ist ein entwickeltes Land. Im arabischen Raum etwa sind Staatsfonds an Griechenland gerade deswegen interessiert, weil die Renditechancen hoch sind, obwohl Griechenland denselben rechtlichen Rahmen bietet wie andere Euroländer. Auch bei uns gilt Mifid (EU-Finanzmarktrichtlinie, Anm.). Griechenland ist ja keine Insel, sondern Teil Europas.

STANDARD: Die griechische Wirtschaft gilt als kaum wettbewerbsfähig. Sie investieren in griechische Unternehmen. Können diese mit ihren Konkurrenten mithalten?

Elliott: Wir haben eine massive interne Abwertung gesehen, von 30 bis 35 Prozent. Griechenland hat fast alle Bereiche der Wirtschaft abgewertet. Die Löhne sind massiv gefallen, und die Strukturreformen werden ebenfalls angegangen. Damit wird Griechenland endlich wettbewerbsfähig. Das hat zuletzt aber auch den Alltag vieler Griechen getroffen.

STANDARD: Kann diese interne Abwertung mit fallenden Löhnen noch weitergehen?

Elliott: Das möchte ich nicht beurteilen. Ich kann nur sagen, dass mir nicht gefällt, was ich im griechischen Alltag sehe. Vielen Menschen geht es schlecht.

STANDARD: Durch die Umschuldung sind Griechenlands Banken in Probleme geraten.

Elliott: Ja, aber die Liquiditätssituation normalisiert sich. Die Zinsen auf Einlagen fallen, und bis zur ersten Jahreshälfte 2013 ist auch die Rekapitalisierung der griechischen Banken abgeschlossen. Bereits in den vergangenen Monaten wurden viele Institute fusioniert. Wir sind nur noch wenige Quartale davon entfernt, dass griechische Banken wieder Liquidität für die Märkte bereitstellen.

STANDARD: Ihre Strategie ist doch "Distressed Investing", eine Hedgefondsstrategie, bei der marode Unternehmen finanziert werden.

Elliott: Nein, wir kaufen keine Unternehmen, die Schwierigkeiten haben. Wir investieren nicht in die Probleme der Vergangenheit. Wir suchen nach den versteckten Juwelen in Griechenland. Es gibt rund 300 börsengehandelte Aktien in Griechenland, und ein erheblicher Teil davon ist nicht auf dem Radar internationaler Investoren, weil der Markt so stark gefallen ist und die Unternehmen daher eine zu geringe Kapitalisierung haben. Wir versuchen diese Lücke zu schließen. (DER STANDARD, 24.10.2012)