Nachdem die kreditfinanzierte Umschuldung von Staatsschulden nun auch für die EZB und den ESM ein Thema geworden ist, möchte ich meinen egalitären Lösungsansatz, den Bürger-Bailout, zur Debatte stellen.

Keine auswärtigen Schulden mehr

Unter einem Bürger-Bailout versteht man eine kreditfinanzierte Umschuldung der Staatsschulden auf die Staatsbürger. Im Wesentlichen geht es darum, dass ein Staat exklusiv für seine Bürger Staatsanleihen auflegt. Für den Kauf der "Bürgeranleihen" bekommen die Bürger einen günstigen Kredit einer (Staatsbürger-)Bank - ohne Bonitätsprüfung. In Kombination mit dem Kauf der Bürgeranleihen stellt der Kredit ein risikofreies und gewinnbringendes Geschäft dar.

Mit dem Erlös aus dem Verkauf der Bürger-Bonds kauft der Staat seine Staatsanleihen am Markt zurück. Spätestens nach dem Auslaufen der Anleihefristen der am Markt befindlichen Staatsanleihen ist der Staat nur mehr bei seinen Bürgern verschuldet und hat keine auswärtigen Schulden mehr. Nach der vollzogenen Umschuldung ist ein Schuldenschnitt - ohne Vermögensverlust der Gläubiger - in beliebiger Höhe möglich und der Staat ist de facto schuldenfrei. Die internen Schulden des Staates sind nun in gleicher Höhe auf die eigenen Bürger verteilt. Die Bürgeranleihe- und Bürgerkreditzinsen könnten an den Leitzins gebunden werden. Die Refinanzierung des Staates erfolgt nach einer Umschuldung nur mehr über Bürger-Bonds beziehungsweise direkt über Steuern.

Alle Bürger beteiligen

Liegen die Zinsen des Bürgerkredits unter dem Niveau der Zinsen der Bürgeranleihe, profitieren die Bürger ohne Risiko von den Staatsschulden. Die Kredit- und Anleihezinsen werden von Experten der öffentlichen Hand und der Staatsbürgerbank gemeinwohlförderlich ausverhandelt. Dadurch wird sichergestellt, dass alle Staatsanleihen freiwillig gekauft und nicht wieder verkauft werden.

Die Höhe des Bürgerkredits wird mit der Pro-Kopf-Verschuldung des Staates limitiert. Jeder Staatsbürger erhält ein Vorkaufsrecht für den Ankauf von Staatsanleihen in der Höhe des Bürgerkredits. Die Bürger dürfen ihr Vorkaufsrecht nur auf Familienmitglieder übertragen. Nehmen Bürger ihr zyklisch festgestelltes Vorkaufsrecht nicht in Anspruch, wird es ideell auf die restlichen Staatsbürger aufgeteilt und die Höhe des Bürgerkreditrahmens wird entsprechend angehoben, bis die Gesamtsumme der Bürgerkredite die Höhe der Staatsverschuldung erreicht. Werden Bürger-Bonds verkauft (aus welchen Gründen auch immer), muss mit dem Erlös vorrangig der Bürgerkredit getilgt werden. Verstirbt eine Person, werden die Bonds vom Staat zurückgekauft, denn Bürgeranleihen sind weder handelbar noch übertragbar.

Die Bürger haften "unus pro omnibus, omnes pro uno" für die Bürgerkredite, so dass im Sinne der Demokratie und der Gerechtigkeit kein Bürger von dem Geschäft mit den Staatsschulden ausgeschlossen bleibt, auch nicht Kinder und Mittellose. Das Risiko eines Kreditausfalls wäre damit gänzlich ausgeschlossen und eine aufwendige Bonitätsprüfung der Bürger kann entfallen.

Mit der Abwicklung der Umschuldung sollte eine unabhängige Staatsbürgerbank beauftragt werden.

Sozial gerechte Rückerstattung des Haushaltsüberschusses

Nach der Umschuldung müssen die Bürger natürlich weiterhin arbeiten und Steuern zahlen, aber sie erhalten, wenn sich der Staat nicht neu verschuldet, einen Teil ihres Steuergeldes in Form von Zinsen zurück. Die Verzinsung der Staatsschulden bewirkt somit keine Geldschöpfung mehr, wie es ein in Staatsanleihen veranlagtes Kapitalvermögen tun würde, sondern nur eine sozial gerechte Rückerstattung des Haushaltsüberschusses.

So könnte ein kleines Rechenbeispiel aussehen:

EU-27 Schulden in Millionen: 10.421.987 Euro
EU-27 Einwohner: 502,5 Millionen
Pro-Kopf-Verschuldung: 20.740 Euro

Annahme: eine vierköpfige Familie
Bürgerkredit: 20.740 Euro
Bürgerkredit (1 % Zinsen): 207 Euro/Jahr
Bürgeranleihe (3 % Zinsen): 622 Euro/Jahr
Bürger-Bonus: 415 Euro/Jahr

Über das Jahr gerechnet erhält die Familie einen Zinsbonus von 1.660 Euro. Für jedes Kind gäbe es jährlich 415 Euro. (Peter Schneeweis, Leserkommentar, derStandard.at, 29.10.2012)