Bausparen kann vieles sein: konservativ, sicher, manchmal auch Verlust bringend - aber kann Bausparen cool oder gar sexy sein? Bei der deutschen Bausparkasse Schwäbisch Hall scheint man jedenfalls bemüht, der alten Sparform ein brandneues Image zu verpassen. Im Februar veröffentlichte die 1931 gegründete Aktiengesellschaft einen Werbeclip, der unter Zuhilfenahme einer ganzen Reihe von Klischees auf die Jugend abzielen soll. Stilbewusste Mitzwanziger drehen am Plattenteller, feiern Partys und haben "unheimlichen lauten Sex"; Stress mit den Eltern oder dem Vermieter gehört der Vergangenheit an. Und Wäsche waschen muss man auch nur, wenn man grad Lust darauf hat.
Die eigenen vier Wände machen's möglich. Um an die zu kommen, muss man sparen - Bausparen, so die Suggestion in der Reklame. Die Botschaft lautet: Du kaufst keinen Bausparvertrag - du kaufst den wichtigsten Ort der Welt.
Kollektives Sparen
Aber wie attraktiv ist der Gedanke des kollektiven Sparens, dessen Grundprinzipien bereits auf vorchristliche Zeit zurückgehen, für die Jugend von heute? "Es besteht ein grundsätzliches Interesse quer durch alle Altersschichten", sagt Manfred Ulreich, Vorstandsdirektor der ABV (Allgemeine Bausparkasse reg.Gen.m.b.H.). Immerhin ein Drittel des Bausparerbestands der ABV entfalle auf Jugendliche unter 25, so Ulreich.
Die ABV ist die älteste Bausparkasse Österreichs. Mit einem Marktanteil von 10,4 Prozent und einer Bilanzsumme von 1,9 Milliarden Euro ist die Genossenschaft hinter der Raiffeisen Wohnbausparen, der s Bausparkasse und Wüstenrot hierzulande die kleinste der vier Bausparkassen.
Die ursprüngliche Idee des Bausparens - die Schaffung von erschwinglichem Wohnraum für die breite Masse - ist schon vor geraumer Zeit in den Hintergrund gerückt. Trotzdem fließen nach wie vor noch 50 Prozent der jährlich ausbezahlten Sparguthaben in Wohnmaßnahmen, errechnete das Arbeitsforum österreichischer Bausparkassen (AÖB), der Verband der vier heimischen Bausparkassen.
Die Förderung der einbezahlten Bausparprämien ist aber nicht abhängig davon, was mit dem Geld gemacht wird. Es besteht keine Verpflichtung, das Bauspardarlehen in Anspruch zu nehmen. Nach Vertragsende - in der Regel läuft ein Bausparvertrag über sechs Jahre - nutzen nicht wenige das Ersparte, um sich zum Beispiel einen Neuwagen anzuschaffen oder auf Reisen zu gehen.
Weiterhin attraktiv
Bausparen ist neben dem Sparbuch die liebste Sparform der Österreicher. 5,2 Millionen nennen einen Bausparvertrag ihr Eigen, die Anzahl der Darlehensnehmer beträgt etwa 366.000. Im Vorjahr wurden 978.565 Ansparverträge unter Dach und Fach gebracht. Die vier heimischen Bausparkassen verwalteten im Vorjahr Einlagen in Höhe von 19,26 Milliarden Euro. 18,71 Milliarden Euro wurden in Form von Ausleihungen abgegeben.
Mit dem Besitz eines Bausparvertrags wird vom Konsumenten vor allem das Gefühl nach Sicherheit verbunden. "Bausparen hat seine Attraktivität bewahrt, wenn man monatlich etwas zur Seite legen will", sagt Martin Korntheuer von der Arbeiterkammer, "will man auf einen Schlag größere Summen veranlagen, gibt es aber bessere Formen." Das klassische Bild der Großmutter, die einen Bausparvertrag für ihr Enkelkind abschließt, besitzt auch im Jahr 2012 eine gewisse Aktualität.
Wer sich vorher gut informiere, könne in etwa ausrechnen, wie viel am Ende der Laufzeit ausbezahlt wird, so Korntheuer, der darin einen der Vorteile des Bausparers sieht. Außerdem fällt das angesparte Geld (bis zu 100.000 Euro) unter die staatliche Einlagensicherung. Selbst wenn also eine Bausparkasse in die Pleite schlittert - die Republik garantiert, dass Omas Geld beim Enkerl ankommt.
Schlechtes Zinsniveau
Grundsätzlich können Kunden zwischen Bausparverträgen mit fixen und variablen Zinsen wählen. Der Fixzinssatz bei den Bausparkassen beträgt im Moment um die zwei Prozent, wie ein Blick in den Bankenrechner der Arbeiterkammer offenbart. "Derzeit fährt man mit Fixverzinsung am besten", erklärt Korntheuer.
Denn bei der variablen Verzinsung sei Vorsicht geboten. Wüstenrot, ABV und Raiffeisen orientieren sich am 12-Monate-Euribor. Dieser Index legt vereinfacht gesagt fest, zu welchen Konditionen Banken einander Anleihen gewähren und dümpelt derzeit rund um die 0,640 Prozent. Die Berechnungsgrundlage der s Bausparkasse fußt auf dem Euro-Zinsswap mit einer Laufzeit von drei Jahren.
Für Konsumenten bedeutet der Abschluss eines Bausparvertrags mit variablem Zinssatz folgendes: Im ersten Jahr (oder auch nur den ersten sechs Monaten) locken die Bausparkassen mit vergleichsweise hohen Zinsen, während der restlichen Laufzeit jedoch muss man sich - in Anbetracht der momentanen Entwicklung der Marktzinsen - höchstwahrscheinlich mit dem Mindestzinssatz von einem Prozent zufrieden geben.
Seit kurzem haben einige der Bausparkassen ein neues Produkt im Portfolio: Einen Bausparvertrag, der drei Jahre fix und ebenso lange variabel verzinst ist. Die Einführung des 3 plus 3-Bausparens bei der ABV sei nicht nur eine Reaktion auf die niedrigen Zinsen, sagt Ulreich - sondern auch auf die Entscheidung der Regierung, die staatliche Prämie für Bausparer um die Hälfte zu senken.
Staat halbiert Prämie
Mit Inkrafttreten des Sparpakets am 1. April wurde die staatliche Prämie für Einzahlungen bis 1200 Euro jährlich von drei auf 1,5 Prozent halbiert. Damit ändert sich auch die Bandbreite für die Förderung. Sie wird jährlich festgelegt, hängt vom allgemeinen Zinsniveau ab und liegt nun zwischen 1,5 und vier Prozent. Die Regierung will mit der Kürzung der Prämie zwischen 2013 und 2016 alljährlich 76 Millionen Euro einsparen.
Das AÖB befürchtet einen Rückgang des privaten Wohnbaus. Gehen die Einlagen der Institute zurück, könnten nicht mehr alle Darlehenswünsche rasch befriedigt werden. In der Folge entstünde ein Schaden für die Volkswirtschaft: "Eine Schwächung der Förderung bedeutet schlicht auch eine Schwächung des Bau- und Baunebengewerbes, das in Österreich stark von Klein- und Mittelbetrieben besetzt ist", heißt es bei der AÖB.
Die Ankündigung der Sparmaßnahme Mitte Februar ließ das Geschäft der Bausparkassen kurzfristig schrumpfen. Laut einem Bericht der Österreichischen Nationalbank wurden im ersten Quartal 2012 um 43.000 Bausparverträge weniger abgeschlossen als im selben Zeitraum des Vorjahres. Seit dem Halbjahr sähe die Lage aber wieder besser aus, sagt Ulreich.
Der Einbruch zu Jahresbeginn hat laut Ulreich auch mit dem Jahr 2006 zu tun. Damals sei die Anzahl der Neuverträge besonders niedrig gewesen.
Ausstieg kommt teuer
Aber zurück zum Sparer: Egal, wie sehr die Rendite unter den mickrigen Zinsen und der Entscheidung der Regierung leidet - den bestehenden Bausparvertrag zu kündigen, ist keine Lösung, sagen Verbraucherschützer. Im Gegenteil: "Vorzeitig aussteigen ist ein Verlustgeschäft", warnt AK-Experte Korntheuer. Die staatliche Prämie wird in diesem Falle rückgebucht, die Verzinsung rückwirkend reduziert. Zudem werden dem Kunden Verwaltungskosten in Rechnung gestellt. Kurzum: Am Ende bleibt oft weniger, als einbezahlt wurde. (Philip Pfleger, derStandard.at, 30.10.2012)